Männliche Wildpinkler schaden der Volkswirtschaft. Durch den Druck ihrer Blasen verrottet kostbare Bausubstanz, die Vegetation städtischer Parkanlagen verkümmert unwiederbringlich. Bedingt durch die Love Parade versickerten allein im Berliner Tiergarten jährlich rund 800.000 Liter Urin im Boden. Wildpinkeln ist Eroberungstrieb, erläutert der Sozialwissenschaftler Klaus Schwerma. "Ich denke, das ist so ein Teil der Raumeinnahme. Ich als Mann, ich bin in der Welt, und ich nehme mir den Raum. Und gerade in der westlichen Gesellschaft ist der öffentliche Raum der Raum, in dem Männer sich auch beweisen müssen."
In Amsterdam will man das Wildpinkeln als selbstbeweisende Raumeinnahme nicht länger dulden. Am 26. September 1997 um 10 Uhr morgens treffen sich rund 100 Vertreter von Bürgerinitiativen, Stadt und Gastronomie zur ersten Konferenz gegen das so genannte Wildplaasen. Die Sache eilt und stinkt zum Himmel. In der Altstadt ist der Boden teils bis zu anderthalb Meter tief verseucht. Nach stundenlanger Beratung beschließen die Konferenzteilnehmer, die Innenstadt noch stärker zu kontrollieren und das Bußgeld zu erhöhen. "Wildplassen" in Amsterdam kostet heute 75 Euro.
In London müssen Wildpinkler sogar 300 Euro berappen. In Utrecht werden Antipinkelplatten mit Bumerangeffekt, in Frankfurt Videokameras am Hauptbahnhof installiert. Den Drang des Mannes zur Markierung des Reviers indes können all diese Maßnahmen nicht verhindern. Das weiß auch die damalige Amsterdamer Stadträtin Guusje ter Horst. "Ich glaube, Männer finden es einfach schöner, draußen im Freien zu pinkeln", sagt sie. Von männlichen Kollegen habe sie gehört, dass es in der Schule nur zwei Themen gegeben habe: "Wer hat den Längsten und wer kann am weitesten damit pinkeln? Und scheinbar hört dieses infantile Verhalten aus der Kindheit als Erwachsener nicht auf."
Stand: 26.09.07