Trommelwirbel schallen über den Marktplatz, Hanswurste treiben ihre Späße, ein Tross von 120 Akrobaten, Feuerschluckern, Knechten und Helfern in Uniform kündigt seine Ankunft an. Ein Flugblatt teilt dem staunenden Publikum mit, dass "der Medicus und Hof-Ocultist" Johannes Andreas Eisenbarth nun bereit sei, "wegen vieler Curen sich eine geraume Zeit allhie auffzuhalten, weil einige Patienten lange Zeit schmertzlich nach ihm geseuffzet". Mehr als schmerzlich seufzen müssen die Patienten, die an grauem Star oder Blasensteinen erkrankt sind, allerdings auch noch im Behandlungszelt. Während der 15 Minuten, die der Arzt benötigt, um einen Stein herauszuschneiden, werden sie von vier bis fünf Helfern fixiert. Ihre Schreie übertönen Musikanten.
Eisenbarth wird 1663 geboren. Über seine Kindheit und Jugend ist wenig bekannt. Sein Vater ist ein Hospitalknecht, der sich als Kastrator von Schweinen ein Zubrot verdient. Vielleicht erwirbt der Sohn so an Tierkörpern erste Anatomiekenntnisse. Nach dem Tod des Vaters geht der 10-Jährige bei seinem Schwager, einem Bamberger Spezialisten für Blasensteine, in die Lehre; hier erlernt er die Technik für das spätere Handwerk des Steinschnitts. 1684 legt Eisenbarth mit der erfolgreichen Operation eines 50-jährigen Star-Patienten sein "Gesellenstück" ab. Danach macht er als Wanderarzt Karriere. Zwei Jahre später wird ihm durch eine akademische Prüfungskommission das Privileg erteilt, seine chirurgischen Fähigkeiten auf den Messen, Jahr- und Wochenmärkten des Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg auszuüben. Später kommen weitere Titel wie der des "erzbischöflich Mainzischen Ocultisten, Bruch- und Steinschneiders" oder des Stadtarztes von Erfurt hinzu. So bekannt wird Eisenbarth schließlich, dass er in Flugblättern vor Scharlatanen warnt, die seinen Namen missbrauchen.
In mehr als 100 Orten praktiziert Eisenbarth nachweislich, immer bemüht, sein Metier durch Erfindungen wie einer Nadel zum Starstechen oder eines Hakens zur Polypenoperation zu verbessern. Er fertigt Arzneien, künstliche Zähne und Augen an. Arme Menschen behandelt er kostenlos. Von Wassersucht und Schwermut, Krebs und Schwindsucht, Gicht und Ohrensausen will er befreien können. Auch wenn ihn das Spottlied eines Göttinger Studenten 100 Jahre nach seinem Tod als Quacksalber zeigt, gilt Eisenbarth vielen Medizinern heute als ernsthafter Urvater ihres Stands. Eisenbarth stirbt am 11. November 1727 im Alter von 66 Jahren in Hannoversch Münden.
Stand: 11.11.07