Im Herbst 732 wagen sich arabische Truppen erstmals aus dem von ihnen beherrschten Spanien über die Pyrenäen. Der Statthalter des Kalifen von Al-Andalus, Abd Al-Rahman Ghafiki, führt eine Truppe von etwa 20.000 Mann an. Es geht keineswegs um die islamische Eroberung des Abendlandes, sondern um eine regionale Fehde: Der aquitanische Fürst Eudo, ein Christ, hatte sich mit dem Berberfürsten Munnuz verbündet, der jedoch von seinen arabischen Nachbarn besiegt wurde.
Jetzt erlebt Eudo die Rache der Sieger. Gegen die Araber, die in der Nähe von Bordeaux plündern und brandschatzen, ruft Eudo einen alten Feind zur Hilfe: Karl, den "Hausmeier" der Merowinger, den heimlichen Herrscher über das Reich der Franken, das vom heutigen Belgien bis in die Provence reicht.
Karl hat das Amt von seinem Vater Pippin geerbt. Jetzt sieht er die Chance, den Süden Frankreichs unter Kontrolle zu bekommen. Mit einer Streitmacht zieht er den arabischen Truppen entgegen, die inzwischen Tours bedrohen. Ein symbolischer Ort: Denn hier in der Kathedrale wird der Mantel des heiligen Martin aufbewahrt. Die Reliquie soll nicht in die Hände der "Ungläubigen" fallen.
An einem Samstag im Oktober 732, wahrscheinlich am 17.10., treffen die Gegner bei Poitiers aufeinander. Karl stellt den gefürchteten Sarazenen-Reitern feste Schlachtreihen von Fußtruppen entgegen. Der arabische Heerführer Abd El-Rahman wird getötet. Seine Soldaten fliehen unter hohen Verlusten.
Erst Jahrhunderte später erhält Karl den Beinamen Martell, der Hammer. Schließlich ist er einer der Gründerväter des späteren Reichs von Karl dem Großen. Noch später, in der Neuzeit, wird die Schlacht von Poitiers von Historikern zur weltgeschichtlichen Entscheidung zwischen Islam und Christentum stilisiert. Ohne Karls Sieg wäre Europa den Arabern in die Hände gefallen, lautet dieser Mythos bis heute.
Die Geschichtsschreiber von damals sehen Poitiers als eine Schlacht unter vielen und kennen auch keinen arabischen Masterplan zur Eroberung des Abendlandes. In den arabischen Quellen heißt die Gegend des Kampfes "Balad e shuhadaad" - Straße der Märtyrer, zu Ehren der Tausenden von Gefallenen und des getöteten Statthalters.
Stand: 17.10.07