Die Familie, in die Josef Frings am 6. Februar 1887 geboren wird, nennen die Neusser bis heute "die heilige Familie": großbürgerlich, wohlhabend, einflussreich. Josef besucht ein humanistisches Gymnasium und studiert am angesehenen Canisianum in Innsbruck und am päpstlichen Bibelinstitut in Rom Theologie. Er spielt Geige und spricht fließend Latein. Aber statt eine Universitätskarriere anzustreben, will er "Leutepriester" werden: Ab 1910 ist er zunächst Kaplan in einem Arbeiterviertel von Köln, später Leiter eines Waisenhauses in seiner Heimatstadt Neuss, dann Pfarrer in Köln. Seine Doktorarbeit schreibt er nebenbei.
Als mitten im Zweiten Weltkrieg der Erzbischof von Köln, Karl Josef Schulte, stirbt, wird Frings zu seinem Nachfolger bestimmt - ein unbekannter Überraschungskandidat. 1942 tritt er das Amt an und wird bald zu einem engagierten Kämpfer für kirchliche Interessen, auch gegenüber den Nationalsozialisten. In einem von ihm mitverfassten Hirtenbrief wird der Mord "an schuld und wehrlosen Geistesschwachen und -kranken, unschuldigen Geiseln und entwaffneten Kriegs- oder Strafgefangenen, an Menschen fremder Rassen und Abstammung" öffentlich verurteilt. 1944 nennt Frings die Judenverfolgung ein "himmelschreiendes Unrecht". Als der Widerstandskreis um den Leipziger Oberbürgermeister Goerdeler ihn zur Mitarbeit gewinnen will, lehnt Frings jedoch ab.
Gleich nach dem Krieg ernennt Papst Pius XII. Frings zum Kardinal. Der im Rheinland inzwischen sehr populäre Bischof setzt sich gegenüber der britischen Besatzungsbehörde für Belange der Bevölkerung ein. Berühmt wird seine Silvesterpredigt 1946, in der er die Entwendung von Kohle aus alliierten Transport-Zügen wegen der Not im Winter rechtfertigt. Das bringt ihm eine Vorladung bei der britischen Militärregierung ein. Der Kohleklau heißt bei den Kölnern seither "fringsen". 1948 fordert Frings das Ende der Entnazifizierung. Er befürwortet sogar eine allgemeine Amnestie für Kriegsverbrecher.Während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1963 bis 1965) in Rom gehört Frings zum zehnköpfigen Präsidium. Er macht sich einen Namen durch Reden für eine Kirchenreform, bei denen er vor allem die konservativen Kurienkardinäle und das "Heilige Offizium", die Nachfolgeorganisation der Inquisition, mitunter scharf angreift. Sein theologischer Berater während des Konzils ist der Bonner Theologieprofessor Josef Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI.1969 legt der fast erblindete Frings aus Altersgründen sein Bischofsamt nieder. Er stirbt 1978 im Alter von 91 Jahren.
Stand: 06.02.07