Stichtag

03. September 2007 - Vor 40 Jahren: Schweden führt den Rechtsverkehr ein

Seit Monaten kennen Schwedens Medien nur noch ein Thema - die "Operation H". Allgegenwärtig ist dieses große H: Es findet sich auf Milchtüten und Knäckebrotpackungen, Streichholzschachteln und sogar auf Unterhosen. H steht für höger, also rechts und ist das Kennzeichen der mächtigsten Informationskampagne, die Schweden je überrollt hat. Seit König Karl XII. es 1697 so verordnete, rollen Fuhrwerke und später Autos im Linksverkehr aneinander vorbei. Doch nach fast 300 Jahren und mehreren vergeblichen Anläufen will sich Schweden endlich seinen Nachbarn anpassen und die Spur wechseln. Gespannt erwartet das Land den Dagen H, den Tag der "högertrafikkomläggningen" (Rechtsverkehrsumstellung).

Am frühen Morgen des 3. September 1967 sind Schwedens Städte überfüllt wie bei einem Volksfest. Wie angeordnet kommt der Verkehr um 4.45 Uhr zum Erliegen. Alle Autofahrer steuern den linken Fahrbahnrand an und erwarten mit Tausenden Fußgängern und Fahrradfahrern den historischen Augenblick. Um Punkt 5.00 Uhr ertönt ein Signal aus den Radios; freudiger Jubel übertönt die Lautsprecher der Polizei. Vorsichtig tasten sich die Autofahrer durch das Gewühl auf die rechte Fahrspur und rollen hupend davon. Das befürchtete Chaos bleibt aus; Schweden ist im Rechtsverkehr angekommen.

In den Tagen danach wachen mehr als 10.000 Polizisten und Soldaten sowie 100.000 Schülerlotsen über das richtige Verhalten im Rechtsverkehr. Mit Erfolg: nennenswerte Unfälle ereignen sich nicht. Das einzige schwedische Verkehrsmittel, das weiter links fahren darf, ist die Stockholmer U-Bahn. Umgerechnet eine halbe Milliarde Mark hat der Spurwechsel gekostet. Unzählige Verkehrsschilder, Kreisverkehre und weiße Linien mussten quasi über Nacht den neuen Verhältnissen angepasst werden. Sogar die Blindenhunde wurden per Spezialtraining auf die neue Situation vorbereitet. Vielleicht der einzige Pechvogel der Staatsaktion ist ein Bierkutscher. Weil seiner seit Jahrzehnten links trabenden Stute die Umgewöhnung nicht mehr zuzumuten sei, verlangt er einen Zuschuss für den Kauf eines rechts-orientierten Pferdes aus Finnland. Doch nichts: Das Pferd habe gefälligst dem Kutscher zu gehorchen, lautet der abschlägige Bescheid.

Stand: 03.09.07