Zu Beginn experimentiert Rudolf Rempel in seinem Labor: Der Chemiker aus Gelsenkirchen schleift von Pulvergläsern den Rand ab, füllt sie mit Milch, verschließt sie mit einem Gummiring und einem Blechdeckel und kocht sie in einem Wasserbad. Die Milch kann er Gästen noch Monate später zum Kaffee anbieten. Deshalb wiederholt er seine Versuche zu Hause mit Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten. Dazu entwickelt er einen Topf, in dem man die Gläser so fixieren kann, dass ihr Deckel während des Kochens fest auf den Gummiring gepresst wird. Diesen "Apparat zum selbständigen Schließen und Entlüften von Sterilisiergefäßen" meldet Rempel am 24. April 1892 zum Patent an. Diese Apparatur ist nämlich die Neuerung. Das Vakuum-Sterilisieren hatte der Franzose Francois Nicolas Appert schon 1810 getestet.
Sterile Lebensmittel sind in einer Zeit ohne Kühlschränke eine wertvolle Neuerung. Rudolf Rempels Bruder, ein Fabrikant, verkauft die Apparatur für eine Reichsmark pro Stück - bei einem Facharbeiter-Stundenlohn von 50 Pfennig nicht wenig Geld. Aber viele Kunden sind begeistert, so auch Johann Weck: Der engagierte Anti-Alkoholiker will Rempels Verfahren nutzen, um Fruchtsäfte zu konservieren, ohne dass sie gären, also zu alkoholischem Most werden. Weck kauft Rempel schließlich sein Patent ab - und deshalb spricht man heute nicht vom Einrempeln, sondern vom Einwecken.
Termiten und Elefantenrüssel
Aber auch vom "Eineycken" könnte man sprechen: Denn den Erfolg der Weck-Gläser organisiert Georg van Eycks Firma in Emmerich. Sie übernimmt Wecks Vertrieb und bringt das Einkochverfahren auf Gartenbau-, Koch und schließlich sogar Weltausstellungen, präsentiert es in Kochschulen, Pfarr- und Krankenhäusern. Am 1. Januar 1900 gründen Weck und van Eyck die gemeinsame Firma Johann Weck und Co. in Öflingen. Schon vor dem Ersten Weltkrieg unterhält die Firma Vertretungen von Jakutsk (Sibirien) im Osten bis nach Santiago de Chile im Westen. In den deutschen Afrikakolonien dienen die Weckgläser zum Haltbarmachen von solch exotischen Genüssen wie gedämpften Termiten und Elefantenrüssel in Aspik. 1907 erscheint das Verb "einwecken" erstmals im Duden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Firma enteignet und beginnt 1949 auf einem ehemaligen Fabrikgelände in Bonn-Duisdorf noch einmal neu. Selbst die Karriere der Tiefkühlkost überlebt das Einwecken. Heute stellen die Deutschen wieder die Hälfte ihrer Marmelade zu Hause her. Die Apparatur dafür liefert Firmenchef Eberhard Hackelsberger, der Urenkel von Johann Weck. In seinem Depot lagert als ältestes Glas noch eine eingemachte Ananas von 1897, - selbstverständlich genießbar, wie Hackelsberg betont.
Stand: 24.04.07