Stichtag

18. September 2007 - Vor 75 Jahren: Das Königreich Saudi-Arabien wird gegründet

Im 18. Jahrhundert steckt die Gesellschaft der arabischen Halbinsel in einer Krise: Die Zentralgewalt des osmanischen Reiches ist schwach, die Beduinenstämme bekämpfen sich. Da sucht der Religionsgelehrte Muhammad Ibn Abdalwahhab einen Neuanfang durch eine radikale Reform: Er predigt die Rückkehr zum angeblichen Ideal-Islam Mohammeds in Mekka und Medina. Abdalwahhabs Lehre lehnt alles ab, was nach Luxus und Vergnügen aussieht: Rauchen, seidene Kleider, weltliche Musik, aber auch die unter den Arabern übliche Toten- und Heiligenverehrung. Wer diesem Rigorismus nicht folgt, ist für den Theologen kein echter Muslim. Abdalwahhab vertritt einen durchaus nicht allgemein anerkannten Islam, rigoros ähnlich wie das Christentums Calvins in Genf oder der frühen Puritaner in den USA.

Im Beduinenfürsten Muhammad Ibn Saud aus Dir'iyya - heute ein Vorort von Riad - findet Abdalwahhab einen Verbündeten. 1744 schließen sie einen Vertrag: Ibn Saud will ein Reich aufbauen, in dem die strengen Lehren Abdalwahhabs gelten sollen. Ibn Saud und seine nach dem Gelehrten benannte Wahhabiten-Bewegung überziehen Arabien mit Krieg. Anfang des 19. Jahrhunderts zerstören sie sogar die Heiligengräber in Mekka und Medina. Jetzt lässt der Sultan von Istanbul seinen Vizekönig in Ägypten, Mehmet Ali, gegen die Ultras aus der Wüste vorgehen. Bis 1818 wird deren Herrschaft zerstört, die meisten Wahhabiten-Führer werden hingerichtet.

Aber die Bewegung ist nicht tot. Anfang des 20. Jahrhunderts nutzt sie das Machtvakuum des allmählich untergehenden osmanischen Reiches. 1902 nimmt Abdalaziz Ibn Saud, ein Nachkomme des Fürsten aus Dir'iyya, die Stadt Riad ein und erobert von hier aus Oase um Oase. Die europäischen Kolonialmächte dulden ihn. So erklärt sich Abdalaziz am 18.September 1932 zum König von Saudi-Arabien. Seine Legitimität beruht auf dem Bündnis mit den Wahhabiten-Gelehrten, der Reichtum des Staates bald auf Öl. So suchen die Saudis eine Verbindung von Kapitalismus, Modernisierung und ultra-orthodoxem Islam, die eigentlich ein Widerspruch ist. Mit ihrer politischen Näher zu den USA und ihrer Wirtschaftspolitik machen sich die Saudis die Islamisten zu Gegnern, versuchen dies aber durch ein streng religiöses Regime zu verschleiern. Der ausgebürgerte Terroristenführer Osama bin Laden aus einer reichen saudischen Familie kämpft auch gegen diesen Kompromiss.

Stand: 18.09.07