Tomi Ungerer ist ein Wanderer zwischen den Welten. Ein Leben lang ist er auf Reisen, wechselt Berufe und Nationalitäten, bis er im Zeichnen seine Bestimmung findet. Aber auch hier bleibt er den Extremen treu: Auf der einen Seite illustriert er Märchen und Liedersammlungen, auf der anderen Seite bevölkern kopulierende Frösche und nackte Frauen seine Bücher.Ungerer wird am 28. November 1931 als Sohn eines Uhrmachers im elsässischen Straßburg geboren. Nach einer abgebrochenen Schauspielausbildung reist er als Tramp, Seemann und Soldat durch die Welt. 1956 strandet er mit 60 Dollar in der Tasche und zwei großen Mappen voller Bilder in New York, wo seine Karriere als Kinderbuchautor, Werbegrafiker und Karikaturist beginnt. Ungerer zeichnet erotische Illustrationen und Karikaturen für "Esquire", "Harper's Bazar" und "Life". Für Stanley Kubricks "Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben" (1964) und für Filme des Regisseurs Otto Preminger liefert er Filmplakate. In den sechziger Jahren macht sich Ungerer durch Kritik am Sex- und Potenzwahn der US-amerikanischen Oberschicht sowie am Rassismus und am Vietnamkrieg nicht nur bei der High Society unbeliebt. Sein tabuloser Bildband "Fornicon" (1969) wird in England verboten, er selbst vom FBI beschattet. Desillusioniert geht Ungerer 1970 mit seiner Frau und seinen Katzen ins kanadische Neuschottland, um ein neues Leben als Farmer zu beginnen. Die Karriere scheitert an Tierseuchen und den Naturgewalten. Einen Neuanfang in Irland hält er in einem literarisch anspruchsvollen - und natürlich bebilderten - Tagebuch fest.
Insgesamt legt Ungerer bis zu seinem 75. Geburtstag über 160 Bücher und 40.000 Zeichnungen vor; 7.000 davon sind im "Centre Tomi Ungerer" in Straßburg versammelt. Seit 2000 sitzt Ungerer als Botschafter für Kindheit und Jugend im Europarat. Sein stetes Schwanken zwischen deftig-erotischen Bildern für Erwachsene und liebevollen Kinderbüchern ist für Ungerer, der mit seiner Frau und seinen drei Kindern abwechselnd in Irland und Straßburg lebt, kein Widerspruch. Denn "wenn die Menschen nicht bumsen würden", sagt er, "dann gäbe es keine Kinder."
Stand: 28.11.06