Stichtag

04. November 1986: "Iran-Waffen-Affäre" wird bekannt

US-Präsident Ronald Reagan kann sich an nichts erinnern. Von einer Waffenlieferung an den Iran jedenfalls ist ihm nichts bekannt. Einen Deal zum Austausch von amerikanischen Geiseln gegen Kriegsmaterial, von dem eine Beiruter Zeitung am 4. November 1986 berichtet, habe es nicht gegeben.

Erst später wird Reagan zugeben müssen, von einer solchen Lieferung gewusst zu haben. Allerdings, so wird er einschränken, habe sie in einem einzigen Frachtflugzeug Platz gefunden. Es muss ein gigantischer Flieger gewesen sein: Immerhin haben die Amerikaner nachweislich mehr als 1.500 Panzer- und Luft-Abwehrraketen geliefert. Dafür zahlt Teheran 14 Millionen Dollar und lässt die Gefangenen frei.


Die Waffenlieferung durch die Vereinigten Staaten, die zugleich auch den Kriegsgegner Irans, den Irak, unterstützten, ist nur das erste Kapitel des Skandals. Das zweite spielt sich im mittelamerikanischen Nicaragua ab. Seine Dramaturgie liest sich wie ein Agentenkrimi. Held ist der Vietnam-Veteran und Oberstleutnant der Marine Oliver North, der unbedingt die linken Sandinisten in Nicaragua bekämpfen will. In einem Londoner Hotelzimmer unterbreitet ihm ein iranischer Waffenhändler den Vorschlag, die "Contras" genannten Gegner der Sandinisten aus den Erlösen des Waffendeals zu bezahlen. Vermutlich haben Norths Augen bei dem Vorschlag gefunkelt.

Offiziell hat der Kongress dem Weißen Haus verboten, militärisch in Nicaragua einzugreifen. Dann schießen die Sandinisten ein Transportflugzeug ab, das Waffen, Munition und Stiefel für die Contras enthält. Der Fall wird publik. Diesmal gelingt es Reagan, sich hinter sein schlechtes Gedächtnis zurückzuziehen: Der Oberstleutnant habe ohne sein Wissen Außenpolitik auf eigene Faust gemacht.

Der zweite Teil der "Iran-Contra-Affäre" erscheint als Alleingang Oliver Norths und einiger Eingeweihter. Ronald Reagan übersteht den Doppelskandal einigermaßen unbeschadet. Lediglich sein Außenminister, sein Sicherheitsberater und North werden entlassen. Norths patriotische Rede vor dem Untersuchungsausschuss allerdings zeitigt skurrile Früchte: Im Gegenzug zur Iran-Contra-Affäre bewilligt der Kongress offiziell 150 Millionen Dollar zum Kampf gegen die Sandinisten.

Stand: 04.11.06