Durch die Puppen seiner Mutter kommt Max Kruse zum Schreiben. So jedenfalls hat der Autor den Beginn seiner Karriere im Nachhinein dargestellt. In den vierziger Jahren wollte Käthe Kruse Fotos ihrer Puppen-Kreationen zu einer Geschichte zusammenstellen. Deshalb "bestellte sie sich von mir ein modernes Märchen", wird Kruse später schreiben. Ergebnis ist sein erstes Kinderbuch "Der Löwe ist los" (1952), das jedoch mit Zeichnungen statt mit den Fotos der berühmten Käthe-Kruse-Puppen erscheint. Der Löwe ist so erfolgreich, dass er noch in zahlreichen Folgebänden brüllen darf.Kruse wird am 19. November 1921 in Bad Kösen an der Saale geboren. Laut seiner Memoiren bringt ihn seine Mutter nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in einem Schweizer Kinderheim und diversen Kurheimen vor einer Vereinnahmung durch die Hitlerjugend in Sicherheit. Die Liebe zu einer Halbjüdin bewahrt ihn nach eigener Aussage vor ideologischer Verblendung. Nach dem Zweiten Weltkrieg hilft Kruse mit seiner Frau Miriam aktiv am Wiederaufbau der mütterlichen Puppenwerkstätten mit. Der Durchbruch als Schriftsteller gelingt ihm endgültig mit seiner über 15 Bücher umfassenden Serie rund um das Urzeitmonster Urmel, die 1968 mit "Urmel aus dem Eis" beginnt - und im Anblick einer tiefgekühlten Forelle im hauseigenen Eisschrank ihren Ursprung haben soll. Die sprechende Urzeit-Echse mit ihren Freunden, dem Leiter der Tiersprech-Schule Professor Habakuk Tibatong, dem Jungen Tim Tintenklecks, Schweinchen Wutz ("öfföff"), Ping Pinguin ("Wo ist meine Mupfel?") und dem stets melancholischen Seele-Phanten, gehören inzwischen zu Klassikern der Kinderliteratur.Berühmt durch PuppenNicht nur beim Einstieg in die Schriftstellerei, auch bei der Steigerung der Bekanntheit Kruses spielen Puppen eine wichtige Rolle. Diesmal ist es das Personal der Augsburger Puppenkiste, die seit den sechziger Jahren Kruses Bücher für die Marionettenbühne - und in den siebziger und achtziger Jahren für die Fernseh-Puppenstube - bearbeitet. Es folgt eine wahre Urmelmania: ein Zeichentrickfilm und ein Musical zeugen davon.
Da ist es nur konsequent, dass Kruse später den Band "Urmel wird ein Star" verfasst, in dem das Urmel wie alle Berühmtheiten seine Memoiren ("Memojahren") schreibt. "Nun ist es aber so", heißt es im Buch, "dass über mich schon sehr viele Bücher erschienen sind. Also erzähle ich nur von der letzten Zeit. Da bin ich froh, dass ich nicht so schrecklich viel zu schreiben brauche. Ich heiße Urmel und bin eine Art Überbleibsel aus der Urzeit, ein Bindeglied zwischen den Dinosauriern und den Säugetieren. Professor Habakuk Tibatong hat mich entdeckt und ausbrüten lassen, denn ich war Jahrmillionen in einem Ei eingeeist, in einem Eisberg nämlich. Ich glaube aber, diese wundersame Begebenheit kennt schon jeder." Und da hat das Urmel zweifelsohne Recht.
Stand: 19.11.06