An einem Märzabend im Jahr 1941 betritt Simone Signoret zum ersten Mal das Café Flores am Boulevard Saint-Germain in Paris. "Ich hatte keine Ahnung, dass ich mit dem Durchschreiten dieser Tür in eine Welt eintrat, die für mein weiteres Leben entscheidend sein sollte", schreibt die französische Schauspielerin in ihrer Autobiographie. Im Café Flores findet die damals 20-Jährige ihre neue Familie - in der linken Künstler-Szene. Dort wird sie unterstützt, während ihr Vater vor den Nazis nach London fliehen muss. Wegen ihrer jüdischen Abstammung tarnt sich die am 25. März 1921 in Wiesbaden geborene Simone Kaminker mit dem Namen ihrer Mutter und nennt sich Signoret. Statistenrollen beim Film helfen ihr die Besatzungszeit zu überstehen. Sie lernt Dichter wie Jacques Prévert, Künstler wie Alberto Giacometti und das Philosophen-Ehepaar Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir kennen.Nach dem Zweiten Weltkrieg spielt die klassisch gebildete Simone Signoret Hauptrollen - als Verkörperung provozierender, geheimnisvoller Weiblichkeit. Sie wird zum Liebling des internationalen Kinopublikums. Männer wie Jean Amery schwärmen sie als Femme fatale in Zeitungskolumnen an: "Gefährlich und zum Erbleichen verlockend." 1949 heiratet Simone Signoret den Vater ihrer Tochter Catherine, den Regisseur Yves Allegret. Nur wenige Monate später trifft die Salon-Sozialistin aus gutem Hause einen Arbeitersohn und überzeugten Kommunisten: Yves Montand, Sänger und Entertainer, ist zu dieser Zeit bereits selbst ein Star. Signoret lässt sich scheiden und heiratet Montand. Sie arbeiten und leben zusammen. Gemeinsam engagieren sie sich für die französische Linke. Bei einer Tournee in Moskau treffen sie Nikita Chruschtschow zum Frühstück. Der sowjetische Ministerpräsident lacht über ihren Protest gegen den Einmarsch der UdSSR in Ungarn. Gemeinsam distanzieren sich Signoret und Montand vom Kommunismus.
1959 triumphiert Simone Signoret in Hollywood: Für ihre Rolle in "Der Weg nach oben" bekommt sie den Oscar. In einem Fernseh-Interview nutzt sie kurz darauf die Gelegenheit, den Krieg Frankreichs gegen Algerien anzuprangern. Eine Nation sollte wissen, wann sie von ihrer Regierung betrogen werde, erklärt sie. "Und eine Frau sollte wissen, wann sie von ihrem Mann betrogen wird", halten ihr wenige Monate später die Pariser Schlagzeilen entgegen. Yves Montand hat bei den Dreharbeiten zu "Machen wir's in Liebe" eine öffentliche Affäre mitMarilyn Monroe begonnen.Simone Signoret zieht sich über zehn Jahre aus der Öffentlichkeit zurück. 1976 legt sie ihre Memoiren vor. Das Buch hat eine Auflage von einer Million und wird in 16 Sprachen übersetzt. Einige Jahre später wiederholt sie diesen Erfolg mit dem Roman "Adieu Wolodja" über das Leben von jüdischen Emigranten aus Polen und der Ukraine in Paris. Zudem startet sie fast 60-jährig, übergewichtig und mit deutlichen Falten ihr Comeback als Schauspielerin. Neben Partnern wie Jean Gabin oder Alain Delon überzeugt sie in Fernseh-Thrillern als faszinierende Charakterdarstellerin. In Deutschland wird sie vor allem durch die Maigret-Verfilmung "Die Katze" noch einmal populär. Simone Signoret stirbt am 30. September 1985 im Alter von 64 Jahren in Paris an Krebs. Sie wird neben ihrem Mann Yves Montand auf dem Pariser Prominentenfriedhof Père Lachaise beigesetzt.
Stand: 25.03.06