Schon 1920 gibt es in den USA 14 Millionen Autos. Allein 15 Millionen T-Modelle produziert Henry Ford zwischen 1908 und 1927. Der amerikanische Traum hat Räder und braucht Straßen. Cyrus Stevens Averny, Immobilienmakler, Tankstellen- und Motelbetreiber aus Oklahoma, setzt sich als Präsident der "Highway Associations of America " für den Ausbau des Fernstraßennetzes ein. Am 11. November 1926 geht sein größter Plan in Erfüllung: Der Highway 66 wird offiziell eingeweiht. Er verbindet Chicago mit Los Angeles. 2.448 Meilen lang führt er durch acht Bundesstaaten und drei Zeitzonen. Noch ist der Highway weitgehend eine Schotterpiste. Bis 1938 dauern die Befestigungsarbeiten.Zu dieser Zeit wird der Highway 66 zur Route der Inlandsmigranten. Sie fliehen vor der Dürre und Wirtschaftskrise im Mittleren Westen nach Kalifornien, finden aber meist nur Gelegenheitsjobs als Wanderarbeiter. John Steinbeck setzt ihnen in seinem Roman "Früchte des Zorns" 1939 ein Denkmal. Darin bezeichnet er den Highway 66 als "die Mutterstraße, die Straße der Flucht." 1946 sind die Zeiten wieder besser und es erscheint der erste Reiseführer zur Route 66. Im gleichen Jahr fährt Bobby Troup mit seiner Frau auf dem Highway nach Los Angeles, wo er als Songwriter Karriere machen will. Auf der tagelangen Fahrt in seinem Buick Cabrio schreibt er den Song "Get your kicks on Route 66". Nat King Cole nimmt ihn 1949 auf und macht ihn zur Hymne der "Mutterstraße".
Allmählich wird der Highway zum Touristenmagneten und Mythos. Tankstellen und Motels entlang der Route werden zu Attraktionen ausgebaut: Es gibt Beton-Teepees, Kaffeetassen als Imbissstuben, betende Hände und haushohe Indianerpfeile. 1960 startet eine Fernsehserie mit dem Titel "Route 66" und macht den gleichnamigen Titelsong von Nelson Riddle bekannt. Dabei spielen nur zwei der 166 Episoden tatsächlich auf dem Highway 66. Der wird um so mehr zum Symbol des American Way of Life, je weniger er befahren wird. Seit dem "Interstate Highway Act" von Präsident Eisenhower 1956 werden immer mehr Ortsumgehungen und moderne Schnellstraßen gebaut. Die Route 66 degeneriert streckenweise zur Standspur des neuen Interstate Highway 40. 1978 ist der fertig gestellt. 1985 wird die Mutter der amerikanischen Highways offiziell abgeschafft. Heute sind noch einzelne Abschnitte als "Historic Route 66 " ausgewiesen, aber der Mythos lebt unter den Rädern zahlreicher Motorrad- und Auto-Touristen weiter.
Stand: 11.11.06