Stichtag

02. November 2004 - Vor 75 Jahren: Erstes Aktualitätenkino auf dem Broadway eröffnet

Die Bezeichnung ist umständlich und heute fast vergessen: Aktualitätenkino heißen Lichtspielhäuser, in denen nonstop Wochenschauen laufen, bunte Nachrichtensendungen, unterbrochen durch Reklame oder kurze Trickfilme. In der Frühzeit des Kinos sind bewegte Bilder an sich schon eine Attraktion. Mit dem Slogan "In 50 Minuten um die Welt" werben die Akis um ihre Laufkundschaft, meist in Bahnhöfen oder auf Einkaufsstraßen. Für kleines Geld kann jeder einige Blicke in die große weite Welt erhaschen, denn die Wochenschaufirmen tauschen Material international aus und schneiden die große Politik geschickt in kleine Portionen, verteilt zwischen Bildern von Prominentenhochzeiten, Naturschönheiten und Sport.

Am 2. November 1929 erobert das Boulevard-Kino den größten Kino-Boulevard der Welt: Auf dem Broadway in New York eröffnet ein Aki. Dass sich eine solche Fast-Food-Leinwand zwischen den großen Lichtspielhäusern und Theatern halten kann, beweist ihre Beliebtheit. Die hält auch in Europa bis in die Nachkriegszeit an. In der Bundesrepublik subventioniert der Staat die Wochenschauen mit 900.000 DM jährlich. Die Regierung weiß, dass sie in den Akis Millionen erreicht. So lässt Franz-Josef Strauß seine Verlobung von der Wochenschau ablichten, und ein Enkel Konrad Adenauers schleicht sich in Köln in ein Bahnhofs-Aki, um den Großvater mal wieder zu sehen.Erst als die Tagesschau die Wochenschau verdrängt, beginnt der Niedergang der Akis. Die Nonstop-Kinos halten sich mit billigen B-Movies über Wasser oder mutieren zu Porno-Shows. Die Subventionen werden gestrichen und die Zuschauer haben ihr Aki zu Hause, als "Glotze".

Stand: 02.11.04