1997 kommt in Großbritannien unter dem Namen Lipobay eine Wunderwaffe gegen zu hohe Blutfettwerte auf den Markt. Kurz darauf wird das Medikament auch in Deutschland und in den USA zugelassen. Weltweit nehmen sechs Millionen Patienten mit erhöhtem Cholesterinspiegel Lipobay. Seine Einnahme gilt als unbedenklich.Doch dann wird bekannt, dass Lipobay zu lebensgefährlichen Muskelschädigungen führen könnte. Es soll für Rhabdomyolyse verantwortlich sein: eine heimtückische Krankheit, bei der Muskelgewebe abgebaut wird, zu viele Eiweiße ins Blut gelangt und schließlich die Niere versagt. Die Zahl der Verdachtsfälle steigt kontinuierlich. 1999 sind es noch zehn, zwei Jahre später schon 52. Grund genug für den Weltkonzern Bayer, um zu reagieren. Am 8. August 2001 erklärt eine Sprecherin des Unternehmens, man habe sich "zu dem Entschluss durchgerungen, die Vermarktung auszusetzen". Der Bayer-Vorstand betont, dass man dennoch von der Unbedenklichkeit des Mittels überzeugt sei. "Gleichzeitig gilt unser Mitgefühl den Hinterbliebenen all jener Menschen, deren Tod möglicherweise mit der Einnahme unseres Medikaments in Verbindung stehen soll."
Bis heute werden über 50 Todesfälle mit Lipobay in Verbindung gebracht, sieben davon in Deutschland. Mittlerweile weiß man, dass das Medikament nicht allein für den Muskelabbau verantwortlich war, sondern die Kombination mit einem anderen Mittel zu der verheerenden Reaktion im Körper geführt hat. Über 14.000 Betroffene vor allem in den USA verklagen Bayer. Erfolg haben ihre Klagen nicht. Bayer verglich sich mit einigen der Patienten - und zahlte insgesamt über eine Milliarde Euro. Trotzdem bestreitet Bayer, dass es keine ausreichenden Studien zu den Nebenwirkungen seines Produkts gegeben habe. Und tatsächlich warnt bereits der erste Beipackzettel vor der Gefahr schwerer Muskelschädigungen.
Stand: 08.08.06