Stichtag

08. Mai 2004 - Vor 20 Jahren: Die Sowjetunion sagt ihre Olympia-Teilnahme ab

Im Juli 1984 eröffnet Präsident Ronald Reagan die Olympischen Sommerspiele in Los Angeles. Sie sollen die bislang größten und schönsten Spiele der Neuzeit werden. Die Show ist zwar perfekt, aber die sportliche Qualität läßt zu wünschen übrig: In vielen Disziplinen fehlen die Favoriten, denn das nationale olympische Komitee der UdSSR hat am 8. Mai die Teilnahme abgesagt. Die Medaillenanwärter aus 14 Ostblock-Ländern treten nicht an. Eine unerwartete Chance für die bundesdeutschen Sportler: "Jetzt ist eigentlich jeder heiß darauf, vielleicht Olympiasieger zu werden", sagt die Siebenkämpferin Sabine Evers, die schließlich Bronze holt. Bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Helsinki rangiert sie noch hinter drei DDR-Athletinnen. Für den Speerwerfer Klaus Tafelmeier verliert Los Angeles durch das Fernbleiben der Konkurrenz an Bedeutung: "So eine Medaille ist nur noch die Hälfte wert."

Die Absage begründet Sportminister Marat Gramow nach längerem Hin und Her mit der Visa-Verweigerung für den sowjetischen Olympia-Attaché, mit der Kommerzialisierung der Spiele und der Sorge um die Sicherheit der sowjetischen Athleten. Antikommunistische Organisationen hätten angekündigt, gewaltsam gegen russische Besucher vorzugehen. Tatsächlich will die Vereinigung "Ban the Sovjets" (Haltet die Sowjets weg) riesige Reklametafeln aufstellen, auf denen zum Überlaufen ins westliche Lager aufgerufen wird. Für die Amerikaner ist das Fernbleiben des Ostblocks hingegen eine Retourkutsche für den Olympia-Boykott vieler westlicher Staaten 1980 in Moskau. So hat Präsident Jimmy Carter damals nach dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan die amerikanischen Verbündeten aufgerufen, die Spiele zu boykottieren. 65 Staaten, darunter auch die Bundesrepublik, hatten sich daran gehalten.


Stand: 08.05.04