Alfons Müller, der am 21. Mai 1911 in Mönchengladbach geboren wird, ist von Jugend an der Herr der Hosen. Mit 20 Jahren gründet er mit 900 Mark Startkapital eine eigene Schneiderfirma, die sich auf klassische schwarze Herrenhosen spezialisiert. 1933 hat das Unternehmen bereits 300 Mitarbeiter. Im Zweiten Weltkrieg wird Müller zum Militärdienst eingezogen. 1948 greift er seine Leidenschaft für industrielles Schneidern im bergischen Wipperfürth, nordöstlich von Köln, wieder auf. Später wird er den Namen der Gründerstadt in seinen eigenen überführen. Der Bürgermeister gewährt ihm diese Bitte gern, denn Alfons Müller-Wipperfürth ist ein Aushängeschild, mit eigenen Webereien und Spinnereien.Müller-Wipperfürth setzt auf billig produzierte Konfektionsware, die sich selbst jene Bundesbürger leisten können, die den Gürtel enger schnallen müssen. Der Preisdruck findet auch im Arbeitsalltag seinen Niederschlag. Nachtwächter müssen auf ihren Rundgängen die Knöpfe für die Hosenbügelpresse drücken, um einen Arbeitplatz zu sparen. Als die Gewerkschaft 1962 gegen eine zehnprozentige Lohnkürzung protestiert und in Mönchengladbach mit Streik droht, lässt der "Hosenkönig" das Werk einfach schießen. Auch der Einzelhandel murrt über die Konditionen des Textil-Preisbrechers und boykottiert die Ware. Kurzerhand baut Müller-Wipperfürth sein eigenes Imperium von Verkaufsfilialen auf. So bringt er es auf 8.000 Mitarbeiter, 18 Fabriken und 200 Geschäfte in sechs Ländern. Jahresumsatz: eine halbe Milliarde D-Mark. Auch auf Kuba versucht Müller-Wipperfürth Fuß zu fassen. Unter Castro wird sein Landbesitz allerdings enteignet.
Überhaupt geht es in den siebziger Jahren bergab mit dem Hosenkönig. Die Steuerfahndung wird auf ihn aufmerksam. Müller-Wipperfürth muss ins Ausland fliehen. Er stürzt mit dem Flugzeug über der Eifel ab, kann nur schwer verletzt geborgen werden. Auch erkennt der Unternehmer nicht, dass sich der Zeitgeschmack gewandelt hat. Während in seinen eigenen Geschäften die Ware verstaubt, treibt es die Kunden in die modischeren Konkurrenzgeschäfte. 1978 gibt es noch einen einzigen kleinen Fertigungsbetrieb in Österreich. Müller-Wipperfürth stirbt 1986 in Pongau bei Salzburg.
Stand: 21.05.06