Stichtag

16. Juni 2006: Der Schiefe Turm von Pisa wird wiedereröffnet

Dem Baumeister ist die Sache vielleicht peinlich. Jedenfalls ist der Architekt des Schiefen Turms von Pisa bis heute nicht bekannt. Auf einer Art Tonerde hat er sein 14.000 Tonnen schweres Werk errichten lassen: Tonerde, die weich und nachgiebig wie eine schlecht gefüllte Luftmatratze ist. Bereits fünf Jahre nach Baubeginn (1173) fängt der Turm an, sich langsam, aber stetig nach Süden zu neigen: ein Millimeter pro Jahr sind es am Ende. 1989 muss er, längst zum Publikumsmagnet und Wahrzeichen Italiens geworden, für den Besuchsverkehr geschlossen werden."Un bel problema" nennen die Italiener ihren Turm: frei übersetzt "einen schönen Schlamassel". Und sie beschließen, der alten Dame ("Vecchia Signora") zu helfen. 13 Experten sollen sie aus ihrer misslichen Schieflage befreien, indem sie ihren geneigten Zustand fixieren. Dabei ist keineswegs jedes Mittel recht. Ein neues Betonfundament wird ebenso abgelehnt wie der Vorschlag, den Turm komplett abzubauen und woanders wieder zu errichten. Auch der Versuch, dem Turm Bleigewichte unterzuschieben, scheitert: aus ästhetischen Gründen.

Mit 100 Apparaten verkabeln die Experten schließlich den Turm, um Bewegungen der Erde zu messen, Risse zu lokalisieren oder seine Reaktion auf Temperaturschwankungen auszumachen. Danach verpassen sie ihrem Patienten ein vorläufiges Stützkorsett. Anschließend sollen Stahlschlaufen den Koloss im Boden verankern. Der Versuch führt dazu, dass sich der Turm noch stärker neigt und die Kräne und Wagen der beauftragten Firma als Gegengewichte an die Nordseite geschafft werden müssen. Alle Hilfe scheint aussichtslos.Die Pisaner toben, Mitglieder des Expertenkomitees werden auf offener Straße beschimpft. Dann hat einer der Fachleute die Idee, Erde unter dem Turm auf der Nordseite abzutragen. Die Aktion rettet die krumme alte Dame: Der Schiefe Turm von Pisa verharrt in seiner Position. Seit dem 16. Juni 2001 ist er wieder für Besucher geöffnet.

Stand: 16.06.06