"Der Mensch ist für mich ein Wesen, das nur durch paradoxe, komödiantische Mittel dargestellt werden kann", sagt der Schweizer Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt. Anders als Berthold Brecht will er mit seinen Stücken weder Aufklärung noch politische Agitation betreiben: "Alles Moralische und Didaktische in der Dramatik muss unbeabsichtigt geschehen. Nur dem kann ich eine Antwort auf seine Fragen geben, der die Antwort selber findet. Nur dem Trost spenden, der selber mutig ist", so Dürrenmatt. "Der Schriftsteller kann seiner moralischen Aufgabe nur dann nachkommen, wenn er Anarchist ist." Seine Themen sind Schuld und Sühne, Verrat und Rache, Gnade und Gerechtigkeit, für die er immer neue, phantastisch-makabere, gleichnishafte Geschichten erfindet.Geboren wird Friedrich Dürrenmatt am 5. Januar 1921 in Konolfingen, einem Dorf im Emmental im Kanton Bern. "Mein Vater war dort Pfarrer und ich lebte in einer gewissen sozialen Isolierung." Als Pastorensohn habe er auf Schleichwegen zur Schule gehen müssen, weil ihn Bauernjungen sonst "mit Leidenschaft" verprügelt hätten. Das Dorf habe in sehr geprägt, stellt Dürrenmatt später fest. Immer wieder schmuggelt er seine Jugenderfahrungen in der dörflichen Schweiz in seine Werke ein. Noch in seiner letzten Rede kurz vor seinem Tod analysiert er satirisch das eidgenössische Lebensgefühl und skizziert die Schweiz als Gefängnis, in dem jeder Gefangene sein eigener Wärter sei. Seinen Kummer verarbeitet der junge Friedrich beim Malen: "Das Zeichnen war für mich eine Abwehr." Er habe immer nur Katastrophen, Kriege und Sintfluten gezeichnet. Dürrenmatt will Maler werden, gibt den Plan aber auf, als es merkt, dass seine immer phantastischer werdenden Bilder völliges Unverständnis hervorrufen. Statt dessen studiert er in Bern und Zürich Philosophie und beschließt Schriftsteller zu werden.
Sein Debüt als Dramatiker gibt er 1947 mit dem Wiedertäufer-Drama "Es steht geschrieben". Drei Jahre später erscheint der Kriminalroman "Der Richter und sein Henker", den er primär aus finanziellen Gründen geschrieben hat. Dürrenmatt ist damals jung verheiratet und hat zwei Kinder. Ab 1952 lebt Dürrenmatt mit seiner Familie in Neuchâtel. Er braucht die ländliche Abgeschiedenheit, um Schreiben zu können. Im selben Jahr bringt das Stück "Die Ehe des Herrn Mississippi" den Durchbruch. Ein Erfolg reiht sich an den anderen: "Ein Engel kommt nach Babylon" (1953), "Der Besuch der alten Dame" (1956) und "Die Physiker" (1962). Dürrenmatt wird gefeiert wie kein anderer Theaterautor der 50er und frühen 60er Jahre. Komödien nennt er seine Stücke, obwohl es darin von Leichen wimmelt. Als seine Stücke Anfang der 70er Jahre nicht mehr ankommen, wendet sich Dürrenmatt wieder verstärkt der Prosa zu. Die stark autobiographisch geprägten Texte erscheinen ab 1981 unter dem Titel "Stoffe - Zur Geschichte meiner Schriftstellerei". Der schwer zuckerkranke Dürrenmatt stirbt am 14. Dezember 1990 im Alter von 69 Jahren in seinem Haus in Neuchâtel an einem Herzinfarkt.
Stand: 14.12.05