Dreimal kandidiert er für das höchste Amt in Frankreich. Doch zweimal - 1981 und 1988 - unterliegt er Francois Mitterand. Erst beim dritten Anlauf gelingt ihm der Sprung in den Elyséepalast: Am 7. Mai 1995 votieren im zweiten Wahlgang knapp 53 Prozent der Wähler für Jacques Chirac von der neo-gaullistischen Partei RPR. Knapp eine Stunde nach der Bekanntgabe seines Sieges stellt er sich vor die jubelnde Menge im Rathaus von Paris, dessen Bürgermeister er seit 1977 ist, und erklärt: "Ich werde der Präsident aller Franzosen sein!"Seinen Sieg verdankt der Konservative Chirac den Jungwählern: 55 Prozent der 18- bis 24-Jährigen haben ihm ihre Stimme gegeben. "Die Ära Mitterand ist vorüber", sagt ein Jugendlicher am Wahlabend, "jetzt kommen wir, die Generation Chirac!" Ein anderer freut sich: "Das ist das Ende der Korruption, das Ende der Unsicherheit, das Ende der Arbeitslosigkeit - wir haben gesiegt!" Jeder dritte Wähler gibt die Angst vor dem Jobverlust als Grund für sein Votum an. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist innerhalb eines Jahres explosionsartig auf 1,2 Millionen angestiegen. Chirac ist angetreten, die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich zu schließen - und die Wähler glauben dem selbst ernannten Enkel Charles de Gaulles. Chiracs Biograph Eric Zamour meint den Grund zu kennen: "Er ist der größte französische Verführer seit 30 Jahren, der größte Schauspieler seit Mitterand. Er hat vor den Wählern immer den Idioten gespielt, den Bauern, der die Hinterteile von Kühen tätschelt und am liebsten Marschmusik hört. Bei den Leuten hat das funktioniert, weil sie sich mit ihm identifizieren und nicht mit den Großbürgern."
Chiracs sozialistischer Konkurrent Lionel Jospin muss sich mit 47 Prozent der Stimmen geschlagen geben. Der todkranke Mitterand war nach zwei Amtszeiten nicht mehr angetreten. Nur sieben Monate nach der Wahl Chiracs wittern die unterlegenen Sozialisten Morgenluft. Die Aufbruchstimmung der Wahlnacht ist verpufft, massive Streiks im Öffentlichen Dienst legen das gesamte Land lahm. Im Ausland hat die Wiederaufnahme der Atomversuche den französischen Staatspräsidenten in die Kritik gebracht.
Stand: 07.05.05