In der Rückrunde der Bundesligasaison 1997/98 läuft es überhaupt nicht bei Bayern München. Nach einem 0:1 bei Schalke 04, der dritten Pleite in Folge, kann der verwöhnte Rekordmeister den Titelgewinn so gut wie abschreiben. Beim "FC Hollywood" geht es drunter und drüber; jeder stänkert rum, so gut er kann.
Vor Journalisten ätzt Stürmer Mario Basler über Trainer Giovanni Trapattoni: "Vielleicht bringt er im nächsten Spiel nur noch Abwehrspieler." Andere Profis wie Mehmet Scholl und Thomas Strunz legen nach und kritisieren ihren Coach, der sich öffentlich bislang immer vor seine Mannschaft gestellt hat.
Verbale Ohrfeigen vom Trainer
Die Illoyalität seiner Spieler trifft den väterlichen Trapattoni tief. Wie tief, das wird am 10. März 1998 bei einer denkwürdigen Pressekonferenz sichtbar. Im Trainingsanzug stürmt der erfolgreichste Vereinstrainer der Welt vor die Journalisten.
Vom ersten Satz an macht der Italiener, sonst die Contenance in Person, die Tonlage klar: "Es gibt im Moment in diese Mannschaft, oh, einige Spieler vergessen ihren Profi, was sie sind." Das Manuskript, auf dem sich der meist abenteuerlich radebrechende Trapattoni Stichpunkte in Deutsch notiert hat, bleibt unbenutzt.
Mit rot angelaufen Gesicht und vor Wut blitzenden Augen nimmt Trapattoni zuerst die Mannschaft auseinander. Immer wieder knallt seine flache Hand auf den Tisch. Dann knöpft er sich mit überschlagender Stimme die Spieler einzeln vor und verteilt verbale Ohrfeigen, die in die Alltagssprache eingehen: "Spieler, die waren wie Flasche leer" und "Struuunz! Waaas erlaube Struunz?"
Der Maestro fühlt sich veralbert
Nach dreieinhalb Minuten donnert Trapattoni die Faust auf den Tisch: "Ich bin müde verteidige immer diese Spieler!" Dann springt er auf, dekretiert "Ich habe fertig!" und ist weg. Am folgenden Tag: Trapattoni auf allen Kanälen. Selbst die Tagesschau berichtet ausführlich über den Wutausbruch des Bayern-Trainers.
Trapattoni jedoch fühlt sich missverstanden und verhöhnt. Den "Maestro" wurmt, dass seine impulsiven Beschimpfungen in der Öffentlichkeit als Running Gag veralbert werden. Zum Saisonende beendet der erste italienische Trainer, der in der Bundesliga gearbeitet hat, seinen Vertrag vorzeitig und übernimmt den AC Florenz. Deutscher Meister wird der 1. FC Kaiserslautern.
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