Er zählt zu den umstrittensten deutschen Filmemachern. Werner Schroeters Hang zum Melodramatischen, sein assoziativer Montagestil und seine Mixturen aus Hoch- und Trivialliteratur werden bewundert, aber auch abgelehnt.
Sein Kollege Rainer Werner Fassbinder hält Schroeter für den "wichtigsten, spannendsten, entscheidendsten sowie entschiedensten Regisseur eines alternativen Films".
Fantasievolle Oma
Werner Schroeter wird am 7. April 1945 in Georgenthal bei Gotha in Thüringen geboren. Der Sohn eines Ingenieurs wächst in Bielefeld und Heidelberg auf. Seine Großmutter lehrt ihn den Zauber der Verwandlung.
"Meine Großmutter hatte so viel Fantasie, dass sie meinem Bruder und mir die Welt umgestaltet hat. Da wurden Straßenbahnschienen zu Trampelpfaden der Indianer, und wir mussten dann mit den Ohren auf den Schienen liegen."
Filmischer Autodidakt
Mit 13 Jahren hört er im Radio die Live-Übertragung eines Auftritts der Sängerin Maria Callas. Ihre Stimme und die klassische Musik allgemein inspirieren ihn sein Leben lang und prägen sein Werk.
Schroeter studiert drei Semester Psychologie in Mannheim. Dann besteht er die Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Fernsehen und Film in München. Aber schon nach wenigen Wochen bricht er ab und bringt sich das Filmen mit einer Acht-Millimeter-Kamera selbst bei.
Documenta, Theater, Oper
1967 lernt er auf einem Experimentalfilmfest in Belgien Rosa von Praunheim kennen. Sie führen nicht nur eine Beziehung, sie kämpfen auch für das kulturelle Selbstbewusstsein von Homosexuellen.
Schroeters Filme sind bildstark und politisch konsequent. Er wird zur Documenta 5 nach Kassel eingeladen und beginnt 1972, auf Theaterbühnen zu inszenieren. Später kommen Opern hinzu.
Goldener Bär
Viele Bühnenarbeiten entstehen in Bochum, Düsseldorf und später in Bonn. In der Filmwelt ist Schroeter damals längst ein international gefeierter Star.
"Palermo oder Wolfsburg" heißt der Film, für den er 1980 bei der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wird. Die Geschichte handelt von einem "Gastarbeiter" bei VW.
Große Gefühle
1991 läuft "Malina" im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes. Schroeters Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Ingeborg Bachmann. Das Drehbuch dazu hat Elfriede Jelinek geschrieben.
Schroeter begreift Kunst als Freiheit, er ist stets unterwegs zu Sehnsuchtsorten. Für ihn, der am 12. April 2010 in Kassel an Krebs stirbt, stehen die großen Gefühle im Zentrum: "Ich glaub, die Menschen haben Angst davor, ihr Herz sprechen zu lassen."
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