Lothar Matthäus und Pierre Littbarski laufen nebeneinander über das Spielfeld. Zwischen sich halten sie den WM-Pokal mit hoch erhobenen Händen.

8. Juli 1990 - Deutschland wird zum dritten Mal Fußball-Weltmeister

Stand: 08.07.2020, 00:00 Uhr

Italien 1990: Franz Beckenbauer schreitet über den Rasen des Olympiastadions. Um seinen Hals die Medaille, die Hände in den Hosentaschen. Die Gedanken scheinbar in weiter Ferne. Dieses Bild des einsam sinnierenden "Kaisers" hat sich ins deutsche Fußball-Gedächtnis eingebrannt.

Minuten zuvor ist die DFB-Elf zum dritten Mal Weltmeister geworden. Im Finale gegen Argentinien erzielte Andreas Brehme per Strafstoß das goldene Tor zum 1:0. Es ist das erste WM-Finale, das durch einen Elfmeter entschieden wird.

Deutschland zum dritten Mal Fußball-Weltmeister (am 08.07.1990)

WDR 2 Stichtag 08.07.2020 04:17 Min. Verfügbar bis 06.07.2030 WDR 2


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Damit schafft Beckenbauer an jenem 8. Juli in Rom das Kunststück, sich nach seinem Titelgewinn 1974 als Spieler nun auch als Trainer die WM-Krone aufzusetzen. Das hat zuvor nur Brasiliens Mario Zagalo vollbracht.

Sieg in politisch aufgewühlten Zeiten

Gleichzeitig krönt der Erfolg ein Jahr der Veränderungen. Zwar siegt auf dem Rasen eine westdeutsche Elf, aber es ist doch der erste Titel für das wiedervereinigte Deutschland. "Am 1. Juli 1990 wurde die DDR-Mark abgeschafft, und die D-Mark kam. Sieben Tage später gab's das Endspiel gegen Argentinien. Das sagt schon, was für eine unglaublich bewegende Zeit das für die Menschen in der DDR gewesen ist", so Fußballhistoriker Hardy Grüne.

Dabei ist es nicht die spielerische Dominanz, die das deutsche Team auszeichnet, sondern der Mix aus Cleverness, Kaltschnäuzigkeit und Gelassenheit. Die Vorrunde übersteht die Elf um den überragenden Lothar Matthäus souverän.

"Lama" Rijkaard spuckt Völler an

Im Achtelfinale kommt es gegen Holland zum hitzigsten Duell der deutschen WM-Geschichte. Frank Rijkaard und Rudi Völler sehen vorzeitig Rot. Rijkaard spuckt dem deutschen Stürmer ins Gesicht. Der revanchiert sich auf dem Weg in die Kabine mit einer Ohrfeige.

Deutschland gewinnt das Skandalspiel 2:1, schafft über die Tschechoslowakei und England den Einzug ins Finale. Es kommt gegen Argentinien zur Neuauflage des Endspiels von 1986. Trotz 23:1 Torschüssen muss die DFB-Elf lange zittern. Am Ende glückt die Revanche - dank Brehme.

Kaiserliche Fehlprognose

Ein wundervoller italienischer Sommer, wie in der WM-Hymne von Gianna Nannini besungen, hat einen schwarz-rot-goldenen Glanz bekommen. Einen Glanz, der sogar Beckenbauer zu einer legendären Fehleinschätzung verleitet. "Das tut mir leid für den Rest der Welt, aber Deutschland wird auf Jahre hin unbesiegbar sein", prahlt der scheidende Teamchef.

Und er irrt ausnahmsweise mächtig. Auf den ersten Titel nach der Nacht von Rom muss das wiedervereinigte Deutschland 24 Jahre lang warten.

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