"Die Jugend der Welt kehrt zu Gast bei uns ein, und der Friede wird gut und uns näher sein!" Die Hymne der dritten Weltjugendfestspiele, die 1951 in der DDR stattfinden, klingt pathetisch: "Und es singt die Ukraine ihr blühendes Lied, und Jungafrika lacht in der Sonne. Das siegreiche China ins Stadion zieht und die Warschauer Maurerkolonne. Klatscht beim Spaniertanz Kim aus Korea, grüßt Kitty aus Mexiko ihn, reichen Hände sich Jimmy und Thea im August, im August in Berlin." Nach Prag und Budapest ist Ost-Berlin Austragungsort des unregelmäßig stattfindenden Jugendtreffens, das vom 1945 gegründeten und sozialistisch ausgerichteten "Weltbund der demokratischen Jugend" organisiert wird.
Am 5. August 1951 marschieren Vertreter aus 104 Ländern zur Eröffnungsveranstaltung in das Walter-Ulbricht-Stadion. Begrüßt werden sie von DDR-Präsident Wilhelm Pieck und dem FDJ-Vorsitzenden Erich Honecker, der klar macht, welche Rolle die Propaganda bei dieser Veranstaltung spielt: "Es lebe der Führer und Bannerträger des Friedens in der Welt, der Lehrmeister der Jugend aller Länder, unser geliebter Josef Stalin."
Krawalle in West-Berlin
Der Westen reagiert prompt. Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) bezeichnet die Eröffnungsveranstaltung als einen "kommunistischen Zwangsaufmarsch". Die US-Behörden hindern den Sänger, Schauspieler und Bürgerrechtler Paul Robeson an der Reise nach Ost-Berlin. Die britische Labour-Party verbietet ihren jungen Mitgliedern unter Androhung des Ausschlusses die Teilnahme an den "Dritten Weltfestspielen der Jugend und Studenten". Dennoch nehmen an den 14-tägigen Sport- und Kulturveranstaltungen nicht nur 26.000 Delegierte, sondern nach DDR-Angaben auch zwei Millionen Jugendliche aus beiden Teilen Deutschlands teil.
Als es aufgrund des hohen Andrangs in Ost-Berlin Verpflegungsengpässe gibt, lockt die West-Berliner Stadtverwaltung die Jugendlichen auf ihr Territorium - mit Bananen, amerikanischen Zigaretten und kostenlosen Kinobesuchen. 1951 ist es noch leicht, über die Sektorengrenze zu gehen. Als sogar der Regierende Bürgermeister Ernst Reuter die Jugendlichen nach West-Berlin einlädt, dreht die FDJ den Spieß um und marschiert am 15. August 1951 auf dem Höhepunkt der Veranstaltung mit 10.000 Mitgliedern in Kolonnen in den Westteil der Stadt. Es kommt zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Hunderte Jugendliche werden verletzt.
Rüge für Erich Honecker
"Honecker und die FDJ-Führung wurden dann scharf zurückgepfiffen von der Parteiführung der SED", sagt der Historiker Stefan Wolle, wissenschaftlicher Leiter des DDR-Museums in Berlin. Es sei nicht im Interesse der SED und der sowjetischen Außenpolitik gewesen, unter den Alliierten in Berlin einen derartigen Konflikt zu schüren. Auch in West-Berlin hat der Vorfall Auswirkungen. Ein Untersuchungsausschuss stellt fest, dass das Vorgehen der Polizei unverhältnismäßig gewesen sei.
Insgesamt sind die Weltjugendfestspiele aus Sicht der DDR jedoch erfolgreich. "Einen großartigen Sieg errangen bei ihrer Rückkehr 3.000 bayerische Jungen und Mädchen, die an den Weltfestspielen in Berlin teilgenommen hatten und bei Hof die Zonengrenzen passierten", schreibt die SED-Zeitung "Neues Deutschland". "An dem unbesiegbaren Friedenswillen der westdeutschen Festivalteilnehmer scheiterten alle Terrorversuche und Repressalien der dort stationierten Bereitschaftspolizei." Bis 1989 gibt es insgesamt 13 Weltfestspiele - in verschiedenen Hauptstädten der Ostblockstaaten und je ein Mal in Wien und Helsinki. Die zehnte Ausgabe der Veranstaltung findet 1973 zum zweiten Mal in Ost-Berlin statt.
Programmtipps:
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 5. August 2016 ebenfalls an die Weltjugendfestspiele in Ost-Berlin. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 06.06.2016: Vor 225 Jahren: Das Brandenburger Tor in Berlin wird eröffnet