"Wir Richter des Bundesverfassungsgerichts sind Knechte des Rechts und dem Gesetze Gehorsam schuldig", sagt der erste Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hermann Höpker-Aschoff, bei dessen offizieller Eröffnung 1951.
Was das Gericht soll, wie es funktioniert - all das ist im Gesetz über das Bundesverfassungsgericht von 1951 geregelt. Darin ist auch die Verfassungsbeschwerde festgelegt. Aber erst am 29. Januar 1969 wird sie ins Grundgesetz aufgenommen.
Gegengewicht zu Notstandgesetzen
Diese Verankerung ist eine Art Ausgleich für die kurz zuvor erlassenen Notstandsgesetze. Denn diese schränken die Freiheiten der Bürger unter bestimmten Umständen ein. Die Diskussion darüber hatte sich jahrelang hingezogen.
Union, SPD und FDP vereinbarten deshalb bei der Verabschiedung der Notstandsgesetze, den im Gesetz über das Bundesverfassungsgericht genannte Katalog der Grundrechte um ein Widerstandsrecht zu erweitern und diesen in das Grundgesetz aufzunehmen.
Jeder kann Beschwerde einlegen
Damit erhält jeder Bürger, jede Vereinigung und jedes Unternehmen das verfassungsmäßig verbriefte Recht, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, wenn er sich durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte verletzt fühlt.
"Der Beschwerdeführer kann sich gegen Gesetze, Rechtsverordnungen, gerichtliche Entscheidungen oder behördliche Entscheidungen wehren", erklärt Foroud Shirvani, Professor für öffentliches Recht an der Universität Bochum. Vorausgesetzt: Der normale Rechtsweg ist erschöpft.
Verletzung von Grundrechten
Stehen also Grundrechte wie Menschenwürde, Persönlichkeitsentfaltung oder Meinungsfreiheit auf dem Spiel, klärt das Bundesverfassungsgericht, ob sie verletzt sind. Alles andere wird nicht geprüft. Ob zum Beispiel ein Arbeitsgericht in der Sache richtig entschieden hat, interessiert Karlsruhe nicht.
Etwa 6.000 Verfassungsbeschwerden landen pro Jahr beim höchsten deutschen Gericht. Die Verfahren sind grundsätzlich kostenfrei - es sei denn, das Gericht verhängt eine Missbrauchsgebühr. Das passiert nur sehr selten.
Zur Entscheidung angenommen hat das Bundesverfassungsgericht bisher zum Beispiel Klagen zum Großen Lauschangriff, zur Sicherungsverwahrung und zum Volkszählungsgesetz.
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- 10. August 1995: Kruzifix-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts | mehr
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- 16. März 2004: Verfassungsgerichtsurteil zu Kampfhunden | mehr
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Programmtipps:
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 29. Januar 2019 ebenfalls an die Verankerung der Verfassungsbeschwerde im Grundgesetz. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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