Kaum ein Tag vergeht, an dem Donald Trump nicht einen seiner berühmten Tweets loslässt. Der US-Präsident macht in den sozialen Netzwerken Politik. Kein Wunder, dass auch Populisten in Europa Social-Media-Kanäle zunehmend für ihre Botschaften nutzen.
"Rechtspopulisten setzen bewusst auf Themen, die emotional sind und die eine breite Zustimmungsfähigkeit in der Bevölkerung generieren: sexuellen Missbrauch zum Beispiel, Arbeitslosigkeit oder die Wirtschaftskrise – alles wird aufgegriffen", sagt Stefan Glaser, Experte für Rechtsextremismus bei jugendschutz.net.
Fake News und Hasspropaganda zeigen täglich, dass es im Internet rechtsfreie Räume gibt. "Hier ist wichtig, dass die Community Flagge zeigt, dass sich die Internet-Gemeinde ihr Netz nicht von den Rechtsextremen wegnehmen lässt", sagt der Jugendschützer Stefan Glaser.
Twitter reagiert - auf Bitte der Polizei
Auch die Social-Media-Konzerne selbst werden aktiv. Am 18. Oktober 2012 hat Twitter erstmals das Nutzerkonto von Neonazis gesperrt – zumindest für Zugriffe aus Deutschland. Bekannt ist die Gruppe "Besseres Hannover" durch den "Abschiebär" geworden, einer Bärenfigur, die in Videos und bei Veranstaltungen auftauchte.
"Die Sperrung der Gruppe 'Besseres Hannover', die Twitter auf Bitten der Polizeidirektion Hannover vornahm, hat zu großem Interesse geführt – einfach, weil es das vorher noch nie auf Twitter gegeben hat", erklärt Stephan Frühwirt, Experte für Soziale Netzwerke an der TU Berlin und Leiter der Social Media Think Unit.
"Besseres Hannover" wird im September 2012 vom niedersächsischen Innenminister als "die aktivste neonazistische Gruppierung in Niedersachsen" verboten. Einen Monat später wird auch ihr Twitterkonto in Deutschland blockiert. Erstmals macht der US-Konzern Twitter damit von einer länderspezifischen Abschaltung Gebrauch: Der Rest der Welt kann die Hetze weiter nachlesen.
Sorge um übermäßige Zensur
Die US-Amerikaner hätten ein anderes Verständnis von Meinungsfreiheit, erklärt Frühwirt. Twitter sorge sich um eine übermäßige Zensur und gehe deswegen zögerlich mit aus deutscher Sicht radikalen und unerträglichen Inhalten um. Verantwortungslos hält er Twitter deswegen nicht. "Twitter ist extrem entschieden gegen terroristische Inhalte vorgegangen. Das Unternehmen hat allein im letzten halben Jahr 300.000 Profile gelöscht, die in irgendeiner Verbindung zu terroristischen Aktivitäten standen", sagt Frühwirt.
Und 75 Prozent dieser Profile seien so schnell gelöscht worden, dass sie nicht einen einzigen Tweet absetzen konnten. "Das heißt, der Vorwurf der Verantwortungslosigkeit trifft nicht ganz ins Schwarze", sagt der Social-Media-Experte Stephan Frühwirt.
Heiko Maas: "Es geht um Straftaten"
Auch die Regierungen mischen verstärkt mit im Kampf gegen Hass und Propaganda im Netz: Die Bundesregierung hat das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz auf den Weg gebracht. Es ist im Oktober 2017 in Kraft getreten. Soziale Netzwerke sind nun gezwungen, Hassreden schneller zu entfernen.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verteidigt das bei Datenschützern und Bürgerrechtlern höchst umstrittene Gesetz. "Zur Klarstellung: … Es geht um Mordaufrufe gegen ehrenamtliche Politiker oder Journalisten. Es geht um Aufrufe, Flüchtlingsheime anzuzünden oder andere Gewalttaten zu begehen. … Es geht um Bedrohung und Beleidigung. Es geht um Volksverhetzung oder die Auschwitz-Lüge. Kurzum: Es geht um Straftaten."
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