Im Finanzamt Wuppertal herrscht im Frühjahr 2009 Jagdfieber: Ein Informant hat Daten von rund 1.500 deutschen Kunden der Schweizer Bank "Credit Suisse" zum Kauf angeboten. Es soll sich um mutmaßliche Steuerhinterzieher handeln.
In Wuppertal-Barmen arbeiten Deutschlands bekannteste Steuerfahnder: Behördenleiter Peter Beckhoff und sein Team bezeichnen sich als "die geheimen Eichkater". Die selbst ernannten Eichhörnchen hatten bereits jene Daten aus Liechtenstein ausgewertet, die 2008 unter anderem zu den Ermittlungen gegen Postchef Klaus Zumwinkel führten.
Datenkauf rechtlich zulässig
Als die Öffentlichkeit im Januar 2010 vom neuen Fall erfährt, wird in der Bundesrepublik gestritten. Darf der Staat Geld bezahlen für Daten, die nach Schweizer Recht rechtswidrig beschafft worden sind? Dürfen geklaute Daten als Beweise in deutschen Steuerverfahren verwertet werden?
Die Antworten ergeben sich aus dem Präzedenzfall von 2008, als der BND die Liechtensteiner Daten erworben hatte. Das Bundesfinanzministerium schreibt an die Düsseldorfer Kollegen, man halte den Kauf der Schweizer Daten-CD "für rechtlich zulässig und aus Gründen der Sicherstellung einer gleichmäßigen Besteuerung für geboten".
2,5 Millionen Euro in bar
Deshalb genehmigt NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) am 4. Februar 2010 den Ankauf der Kontodaten der deutschen "Credit Suisse"-Kunden für 2,5 Millionen Euro.
Im Ausland findet daraufhin ein Geheimtreffen der Wuppertaler Steuerfahnder mit dem Informanten statt. Das Geld wird in bar übergeben, damit der Anbieter nicht anhand von Überweisungsdaten enttarnt werden kann.
"Schweiß auf der Stirn"
Als Folge des CD-Kaufs seien fast täglich Selbstanzeigen bei den Steuerbehörden eingegangen, sagt Thomas Eigenthaler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft. "Weil den Steuerhinterziehern natürlich plötzlich der Schweiß auf der Stirn stand."
Seine Gewerkschaft habe damals geschätzt, "dass die Deutschen etwa 160 Milliarden Euro unversteuertes Geld in der Schweiz gebunkert hatten".
150.000 Selbstanzeigen
Der deutsche Fiskus habe "ein außerordentlich gutes Geschäft" gemacht, so Eigenthaler. Nach dem Erwerb weiterer Steuer-CDs habe es nicht nur Ermittlungen, sondern auch rund 150.000 Selbstanzeigen gegeben.
"Man munkelt, dass es bis heute noch CD-Ankäufe gibt", sagt Eigenthaler. Aber das Thema habe keine so große Bedeutung mehr. "Wir haben ja seit einiger Zeit den internationalen Bankkontenaustausch". Damit sei das Risiko, ertappt zu werden, deutlich gestiegen.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 4. Februar 2020 ebenfalls an den Ankauf einer Steuer-CD durch NRW. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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