Noch nie hat sich ein deutscher TV-Sender derart der Kreativität eines Einzelnen ausgeliefert. Knapp 16 Jahre lang füllt Stefan Raab das Showprogramm von ProSieben fast im Alleingang. Als er im Juni 2015 seinen Rückzug vom Fernsehen ankündigt, knickt die Aktie des börsennotierten Senders um 1,25 Prozent ein.
Proteste provoziert Stefan Raab in seiner Karriere ebenso reichlich wie er Fernseh- und Musikpreise einheimst. Lange wird er als dreist, platt und rücksichtslos gescholten. Aber Raab macht vor der Kamers nicht nur andere gekonnt zum Affen, sondern immer auch und vor allem sich selbst.
Großmaul von Viva und "TV Total"
Der gelernte Metzger, 1966 in Köln geboren, gründet Anfang der 1990er Jahre ein eigenes Musiklabel. Raab komponiert Jingles und produziert andere Künstler. Beim Sender Viva bekommt er 1993 erstmals eine Bühne für seine große Klappe, die das Multitalent weidlich nutzt.
Nach sechs Jahren "Vivasion" eröffnet Raab bei ProSieben seinen Gag- und Musikladen "TV total", in dem er genüsslich die Pannen anderer auskostet. Stars wie Chuck Berry, James Brown und Will Smith verführt er mit Chuzpe und Ukulele zu einzigartigen Interviews.
Raab erobert den ESC
Stefan Raab wird zum Dukatenesel für ProSieben. Er kreiert am laufenden Band mehr als 20 Showformate wie die "Wok-WM", Stockcar-Rennen, Turmspringen, Pokernächte und natürlich "Schlag den Raab". Die Show mit ihm als Kampfschwein wird in 18 Länder verkauft und bringt Raab 2011 einen Fünfjahresvertrag über 185 Millionen Euro ein.
"Ich mach nicht aus Scheiße Gold, da steckt schon Substanz dahinter", sagt Raab, als er 2010 mit Lena den Eurovision Song Contest gewinnt. Zuvor hat er Guildo Horn und sich selbst in den Top-Ten des ESC platziert, danach auch noch Max Mutzke. Mit dem hippen "Hier kommt die Maus" landet Raab einen Hit bei Jung und Alt.
Privatleben abgeschottet
Die selbst ernannte "Killerplauze", lässt sich von Boxerin Regina Halmich aufs Maul hauen, schüttelt erfolgreiche Gaga-Hits scheinbar aus dem Ärmel und produziert Polit-Talks fürs junge Publikum. Doch am 19. Dezember 2015 macht der Multikönner seine Ankündigung tatsächlich wahr.
Nach der 55. Ausgabe von "Schlag den Raab" verschwindet Deutschlands außergewöhnlichster Entertainer von der Mattscheibe und ward nicht mehr gesehen. Hinter den Kulissen aber und hinter den blickdichten Mauern, die er um sein Privatleben errichtet hat, ist Stefan Raab als Produzent von TV-Shows weiter höchst aktiv.
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