General Austin de Iturbide (l.) und Vizekönig von Neu-Spanien, Juan O'Donoju, unterzeichnen 1821 Unabhängigkeitserklärung Mexikos

28. Dezember 1836 - Spanien erkennt Unabhängigkeit Mexikos an

Stand: 28.12.2016, 00:00 Uhr

"El Grito" heißt das Spektakel, mit dem in Mexiko jedes Jahr am Vorabend des 16. September der Nationalfeiertag beginnt. Überall im Land wird dann an die legendäre Nacht von 1810 erinnert - als der Geistliche Miguel Hidalgo im Dorf Dolores mit einem Schrei zur Rebellion gegen die spanischen Herrscher aufgerufen hat.

"Dieser 'Grito de Dolores' hat alles, was man an emotionalen Zutaten braucht, um eine schöne Gründungserzählung für eine Nation zu haben", sagt die Berliner Historikerin Birgit Aschmann. "Ein Priester, der die Glocke läutet und sich an die Spitze der Entrechteten stellt, eine Erhebung von Berg- und Landarbeitern anführt, die nun gegen die spanische Unterdrückungsmacht marschieren wollen."

Mexiko heißt damals Neu-Spanien und ist mehr als zwölf Mal so groß wie das heutige Deutschland. Das Territorium umfasst auch Texas, Guatemala, Kalifornien, Utah und ein Teil von Kansas. Für Spanien bedeutet das 1521 eroberte Reich der Azteken unheimlichen Reichtum.

Die Erträge der mexikanischen Silberbergwerke machen zwei Drittel der gesamten Weltproduktion aus. Drei Viertel aller Kolonialeinnahmen Spaniens kommen aus Mexiko. Von den Schätzen profitiert allerdings nur eine kleine Elite. Der Großteil der Bevölkerung - insbesondere Indios, Mestizen und teilweise versklavte Schwarze - lebt in Armut.

Mexikaner drangsalieren Spanier

Nach elf Jahren Unabhängigkeitskrieg löst sich Mexiko per Erklärung 1821 von Spanien. Offiziell erkennt Spanien die Selbstständigkeit Mexikos allerdings zunächst nicht an. Für die Ärmsten ändert sich in dieser Situation nichts, eine Landreform bleibt aus. Die Großgrundbesitzer können ihre Position zwar festigen, aber Mexikos Wirtschaft liegt am Boden. Die ohnehin schlechte Infrastruktur ist nach dem langen Krieg zerstört, die Silberbergwerke sind fast alle überflutet.

Großbritannien ist das erste Land, das Mexiko 1826 offiziell anerkennt. Durch Handelsverträge füllen die Briten das Vakuum, das die Spanier hinterlassen haben. Mexikos Wirtschaft ist nun nicht mehr von Spanien, sondern von Großbritannien abhängig. Die Mexikaner rächen sich an den rund 10.000 Spaniern, die im Land geblieben sind. Rund zwei Drittel von ihnen werden brutal aus Mexiko vertrieben. Damit soll Spanien zur Anerkennung der mexikanischen Unabhängigkeit gezwungen werden.

"Totales Vergessen" festgeschrieben

Ein weiteres Druckmittel ist Kuba, die letzte noch verbliebene spanische Kolonie in Lateinamerika. "Mexiko hat alles daran gesetzt, die Kolonialherrschaft Spaniens in Kuba zu destabilisieren", sagt Historikerin Aschmann. Das hoch verschuldete Spanien gibt schließlich nach. Am 28. Dezember 1836 wird in Madrid ein Freundschafts- und Handelsvertrag unterschrieben. Spanien hofft damit auf einen Wiederaufschwung seines Überseehandels.

Der Vertrag enthält aber nicht nur die feierliche Anerkennung von Mexikos Unabhängigkeit, sondern auch eine vollständige Amnestie für frühere Vergehen: "Da gibt es einen Artikel, der etwas festsetzt, was sonst unüblich ist in derartigen Dokumenten, nämlich ein totales Vergessen", sagt Expertin Aschmann. Beide Seiten sollen 300 Jahre Kolonialgeschichte und einen blutigen Freiheitskampf einfach ausblenden.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 28. Dezember 2016 ebenfalls an die Unabhängigkeit Mexikos von Spanien. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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