Im April 1643 ruft der schwer kranke französische König Ludwig XIII. seinen fünfjährigen Sohn zu sich, der gerade getauft worden ist. Auf die Frage, wie er denn nun heiße, antwortet der Junge: "Ludwig XIV., Herr Vater." Der alte König antwortet: "Noch nicht, mein Sohn, noch nicht!"
Für diese Anekdote gibt es keine sichere Quelle. Belegt ist aber: Nach dem Tod seines Vaters am 14. Mai 1643 besteigt Ludwig XIV. den Thron. Zunächst übt die Mutter die Regentschaft aus, tatsächlich regiert aber Kardinal Jules Mazarin, der auch den jungen König erzieht.
Selbstbewusst und gesellig
Nach dem Tod Mazarins 1661 übernimmt Ludwig XIV. selbst die Regierung. Er wird ein selbstbewusster, geselliger Herrscher. "Soweit unsere Erinnerung reicht, gibt es zumindest eine Besonderheit in unserer Monarchie, nämlich den freien und unkomplizierten Zugang der Untertanen zu ihrem Fürsten", schreibt er in seinen Memoiren.
Man kann ihn täglich sehen: in der Kutsche, beim Ausritt zur Jagd oder beim Spaziergang im Park. "Bei jeder Besuchergruppe steht ein Leibgardist", sagt Kustos und Versailles-Experte Bertrand Rondot. "Man schließt den Park nicht für das Publikum, wenn der Herrscher spazieren geht."
Pracht als Machtstrategie
Jeden Montag nimmt Ludwig XIV. in seinem Vorzimmer Bittschriften entgegen, legt im Laufe der Zeit geschätzten 200.000 Hautkranken seine angeblich heilenden Hände auf und nimmt drei Mal die Woche vor aller Augen seine Mahlzeiten ein.
Gäste aus fernen Ländern empfängt der König mit besonderem Pomp, beschenkt sie mit teuren Wandteppichen, edelsteinverzierten Schatullen oder Kunstobjekten. Das Hofzeremoniell in Versailles unterstreicht die Machtstrategie des absolutistischen Herrschers.
Abstruse Ämter
Fremde Gesandte müssen erst sämtliche Prachttreppen, Prunkgemächer und die 73 Meter des Spiegelsaales passieren, bevor sie sich vor dem auf einem 2,60 Meter hohen Silberthron sitzenden Sonnenkönig verneigen können. Dieser Luxus währt allerdings nur sieben Jahre. Dann muss das ganze Silber eingeschmolzen werden, um Kriegskosten zu begleichen.
Prachtentfaltung ist im Barock auch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Das Heer der Bediensteten teilt sich am Hof die abstrusesten Ämter, vom Schrankaufseher bis zum Bratenwender. Davon ernähren sich ganze Familien.
Hohe Steuern
"Der Preis war, dass das Volk außerordentliche Steuern zahlen musste", sagt Publizist Uwe Schultz. Am Ende der Herrschaft von Ludwig XIV. steht Frankreich jedoch vor dem Staatsbankrott. Die pyramidenähnliche Gesellschaftsstruktur wird eine der Hauptursachen für die Französische Revolution.
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