Im Alter von 18 Jahren besteigt Ludwig II. 1864 den bayerischen Thron. Nur zwei Jahre später als Verbündeter Österreichs gegen Preußen ins Feld ziehen zu müssen, ist dem jungen König verhasst. Bayern verliert den sogenannten Bruderkrieg und Ludwig damit seine Souveränität. Als Vasall Preußens gedemütigt, flüchtet er sich von nun an in eine romantisierte Gegenwelt.
Von Kindheit an faszinieren Ludwig die Sagen und Bauten des ritterlichen Mittelalters. Als er mit 16 Jahren den Komponisten Richard Wagner kennenlernt, verfällt er völlig der Anziehungskraft von dessen mythischen Opernwelten. Der "Märchenkönig" beginnt, prunkvolle Schlösser zu errichten, die letztendlich zu seinem Ruin führen.
Entwurf nach Wagners Bühnenbildern
Begeistert berichtet Ludwig II. Wagner von seinem ersten Bauprojekt: "Ich habe die Absicht, die alte Burgruine Hohenschwangau (…) neu aufbauen zu lassen im echten Stil der alten deutschen Ritterburgen." Neuschwanstein, wie er sein erstes Schloss bei Füssen nennt, soll ihm allein als Refugium vor der lärmenden Welt dienen.
Entworfen wird Neuschwanstein von dem Theatermaler Christian Jank. Auf Ludwigs Wunsch verwendet Jank Bühnenbilder zu Wagners "Lohengrin" und "Tannhäuser". Außerdem orientiert sich der König an mittelalterlichen Bildern, an der Wartburg, den Burgen des Rheintals und an den Schlössern der französischen Könige.
Alle diese Bauwerke kennt Ludwig II. aus eigener Anschauung. Der Grundstein für sein Schloss Neuschwanstein wird am 5. September 1869 gelegt. Während der Bauarbeiten, bei denen modernste Technik zum Einsatz kommt, lässt Ludwig die Pläne immer wieder ändern, was die Kosten in die Höhe treibt.
Dem König droht die Pfändung
Mit einem Königshaus im Wetterstein und den Schlössern Linderhof und Herrenchiemsee nimmt Ludwig II. neue kostspielige Projekte in Angriff. Schließlich ist er durch Kredite so verschuldet, dass ihm, bei einem Monarchen eigentlich undenkbar, die Pfändung droht. Allein die auf 3,2 Millionen Mark veranschlagten Kosten für Neuschwanstein fallen am Ende doppelt so hoch aus – obwohl mehrere geplante Teile nicht gebaut werden. Die bayerische Regierung sieht nur einen Ausweg.
Am 9. Juni 1886 lässt sie Ludwig II. als geisteskrank entmündigen. Drei Tage danach kommt der König im Würmsee, dem späteren Starnberger See, auf nie geklärte Weise ums Leben. Im August 2019 entdecken Spezialisten des bayerischen Landeskriminalamtes nach 150 Jahren den lange gesuchten Grundstein in der Südmauer von Schloss Neuschwanstein.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 5. September 2019 ebenfalls an den Bau von Schloss Neuschwanstein. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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