Bereits als kleiner Junge hört Heinrich Schliemann gebannt zu, wenn ihm sein Vater von Homers "Ilias" und den Helden des Trojanischen Kriegs erzählt. Damals schon habe er beschlossen, schreibt der 1822 geborene Pfarrerssohn aus Mecklenburg, später nach den Resten des antiken Troja zu suchen.
Doch zunächst macht der sprachgewandte Schliemann als Kaufmann Karriere. Er bereist die Welt, eröffnet 1847 in St. Petersburg sein eigenes Handelskontor und heiratet eine russische Kaufmannstochter. Im Krimkrieg wird Schliemann durch Großlieferungen an die Armee des Zaren so reich, dass er sich 1856 aus dem Geschäftsleben zurückziehen kann.
Ein Engländer lokalisiert Troja
Nach Reisen durch Asien und Amerika kommt Schliemann 1868 zum ersten Mal auf Homers Spuren nach Griechenland und in die anatolische Landschaft Troas. Nahe den Dardanellen begegnet er dem Engländer Frank Calvert, der sicher ist, das homerische Troja unter einem Hügel namens Hisarlik lokalisiert zu haben.
Während Schliemann auf die Grabungsgenehmigung wartet, begibt er sich wieder auf Reisen nach Deutschland, Russland und die USA. Er lässt sich scheiden, promoviert in Rostock zum Dr. phil. und heiratet 1869 in Athen die 17-jährige Sophia. "Eine Griechin und wahre Bewunderin des Homer", notiert der 47-Jährige.
Grabungen quer durch Siedlungsschichten
Am 9. April 1870 kann Heinrich Schliemann in Hisarlik mit 20 Arbeitern die Grabungen beginnen. Bei seiner Suche nach dem Palast des antiken Königs Priamos vertraut er völlig den Angaben Homers, "der uns mit der Zuverlässigkeit eines Augenzeugen ein Bild von der trojanischen Ebene entworfen hat".
Um einen Überblick über die in Schichten abgelagerten historischen Siedlungen zu gewinnen, schlägt Schliemann einen Graben quer durch den Hügel. Er stößt auf römische, auf griechische Reste. Je tiefer er kommt, desto älter werden die Spuren. Ganz unten vermutet er das Troja des Homer.
Der "Schatz des Priamos"
Nach drei Jahren, in denen er neun Siedlungsschichten freilegt, findet Heinrich Schliemann einen Goldschatz, der ihn berühmt macht. Für ihn ist es fraglos der "Schatz des Priamos". Bilder seiner jungen Frau, behängt mit dem antiken Geschmeide, gehen um die Welt: "Das sagenhafte Troja ist entdeckt!"
Archäologen sind heute weitgehend einig: Das bronzezeitliche Handelszentrum Troja hat tatsächlich dort gestanden. Doch der "Schatz des Priamos" ist mindestens 1.000 Jahre älter als Homers sagenhafter König. Das Troja, das die "Ilias" beschreibt, hat Heinrich Schliemann in seinem Grabungseifer abtragen lassen.
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