5. Mai 1920 - Sacco und Vanzetti werden verhaftet

Stand: 05.05.2020, 00:00 Uhr

Ihre Namen werden meist zusammen genannt: Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti. Tatsächlich aber sind die beiden Italiener sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, die nur eine relativ kurze Zeit in ihrem Leben miteinander zu tun haben.

Doch als die zwei Einwanderer in den 1920er Jahren in den USA des Raubmordes beschuldigt werden, erlangen sie globale Berühmtheit.

Verhaftung von Sacco und Vanzetti (am 05.05.1920) WDR 2 Stichtag 05.05.2020 04:17 Min. Verfügbar bis 03.05.2030 WDR 2

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Diskriminierte Einwanderer

Nicola kommt mit 16 Jahren nach Amerika und arbeitet in einer Schuhfabrik als Zuschneider von Sohlen. Der 20-jährige Bartolomeo reist herum und jobbt. In Plymouth (Massachusetts) kauft er sich einen Karren und wird Fischhändler.

Italiener, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die USA übersiedeln, sind als billige Arbeitskräfte willkommen. Sie werden aber als rückständig und gewalttätig diskriminiert.

Sympathie für Anarchismus

Die Erfahrung der Ausbeutung politisiert Sacco und Vanzetti. Ihr Ansatz ist der Anarchismus, der die Herrschaft von Menschen über Menschen abschaffen will.

Sacco und Vanzetti engagieren sich 1912 beim Textilarbeiterstreik in Massachusetts. Sie schließen sich dem Anarchisten-Führer Luigi Galleani an. Er will die US-Regierung gewaltsam stürzen.

Fünf Täter

Wie Nicola und Bartolomeo zu Gewalt stehen, ist nicht bekannt. Sicher ist, dass sich die beiden 1917 über Galleani kennenlernen und mit ihm nach Mexiko flüchten, um dem Kriegsdienst zu entgehen.

1920 werden dann in South Braintree, Massachusetts, ein Wachmann und ein Buchhalter überfallen und ermordet. Die fünf Täter erbeuten rund 16.000 Dollar.

Dünne Beweislage

Die Polizei macht Anarchisten dafür verantwortlich. Ihrem Hauptverdächtigen stellen sie eine Falle. Doch er entkommt. Festgenommen werden am 5. Mai 1920 zwei Unbekannte: Sacco und Vanzetti. Richter Webster Thayer beschimpft sie als "anarchistische Hurensöhne".

Doch die Beweislage ist dünn. Am Tattag ist Sacco in Boston auf dem Konsulat, Vanzetti in Plymouth mit seinem Fischkarren unterwegs. Zeugen der Anklage hingegen wollen sie am Tatort gesehen haben.

Unfairer Prozess

Spuren werden offenbar nicht ordentlich gesichert, Sachverständige widersprechen sich - aber die Prozessführung hat eine klare Richtung: 1921 spricht die Jury beide Angeklagten schuldig.

Versuche, ein neues Verfahren zu erreichen, scheitern alle an Richter Thayer. Im Gefängnis lernt Vanzetti Englisch und liest Bücher. Sacco hingegen versucht, sich umzubringen.

Der unfaire Prozess sorgt weltweit für Proteste. Doch 1927 werden Sacco und Vanzetti auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet. Die Schuldfrage ist bis heute nicht geklärt.

Programmtipps:

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 5. Mai 2020 ebenfalls an die Verhaftung von Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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