Nur zehn Monate seiner zehnjährigen Herrschaft verbringt Richard I. Löwenherz in seinem Königreich England. Bereits kurz nach seiner Krönung 1189 setzt er seinen Bruder Johann, genannt Ohneland, als Regenten ein und bricht zum Kreuzzug ins Heilige Land auf.
Mit Kaiser Friedrich Barbarossa und Frankreichs König Philipp II. will er Jerusalem von den Muslimen unter Sultan Saladin zurückerobern. Philipp kehrt bald um, und Kaiser Friedrich ertrinkt schon auf dem Hinweg im Fluss Saleph. Von Freund und Feind gleichermaßen geachtet wie gefürchtet, erobert Richard Löwenherz im Juli 1191 die Hafenstadt Akkon und lässt dort fast 3.000 gefangene Muslime hinrichten.
Gefangennahme bei Wien
"Niemals mussten wir die Feindschaft eines listigeren und kühneren Mannes ertragen", schreibt der Chronist Baha Al-Din über den englischen König. Nach mehreren Schlachten ohne entscheidenden Ausgang handelt Richard mit dem Sultan ein Abkommen aus, das den Christen Zugang nach Jerusalem sichert.
Machtansprüche von Herzog Leopold V. von Österreich als Vertreter des Kaisers übergeht Richard völlig. Das kommt ihn teuer zu stehen.
23 Tonnen Silber als Lösegeld gefordert
Für seine Rückkehr wählt Richard Löwenherz aus bis heute ungeklärten Gründen den Landweg. Am 21. Dezember 1192 trifft er in einem Vorort von Wien ein, wo er erkannt wird. Leopold nutzt die Gelegenheit zur Rache und informiert Kaiser Heinrich VI. über die sensationelle Gefangennahme.
Nach Aushandlung eines Vertrags mit dem Kaiser übergibt Leopold ihm seine königliche Geisel. Für Richards Freilassung fordert Heinrich VI. von England ein Lösegeld von 100.000 Mark – umgerechnet 23 Tonnen Silber. Das entspricht etwa dem Doppelten der jährlichen Gesamteinnahmen der englischen Krone.
Vom Bruder im Stich gelassen
Seine Geiselhaft verbringt Richard nun auf Burg Trifels im Pfälzerwald. Weil Englands Interimsherrscher Johann es ablehnt, den Bruder auszulösen, übernimmt Richards Mutter Eleonore von Aquitanien die Initiative. Sie versilbert im wahrsten Wortsinn alle Ländereien Richards und jegliche Kirchenschätze, um das Lösegeld zahlen zu können.
Am 4. Februar 1194 darf Richard Löwenherz die Burg Trifels als freier Mann verlassen. Er kehrt nur kurz nach England zurück und versöhnt sich mit seinem Bruder.
Dann zieht er nach Frankreich, um seine Herrschaft über Gebiete, die damals den gesamten Westen Frankreichs einnehmen, zu sichern. Im April 1199, nachdem er bei einer Belagerung von einem Pfeil getroffen wurde, stirbt Richard Löwenherz.
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