3. November 1916 - Emirat Katar wird britisches Protektorat

Stand: 03.11.2016, 00:00 Uhr

In Europa tobt der Erste Weltkrieg, an der Westfront ist die Schlacht an der Somme in vollem Gange. Am 15. September 1916 setzen die Briten dort erstmals Panzer ein und durchbrechen deutsche Stacheldrahtsperren. Im Orient sichern die Briten ihren Einfluss derweil mit Verträgen ab. Sie gaukeln den Arabern die Möglichkeit eines eigenen Staates vor und rüsten sie im Kampf gegen die Osmanen aus, die wiederum mit dem Deutschen Reich verbündet sind.

Einer der arabischen Verhandlungspartner der Briten ist das Scheichtum Katar, eine lang gestreckte Halbinsel an der Westküste des Persischen Golfs, 180 mal 80 Kilometer groß. 1908 war in Persien Öl entdeckt worden, Geologen vermuten noch größere Reserven in der Region. Das Interesse der Briten ist geweckt. Katar wiederum hat ein Problem: Das Scheichtum möchte als selbstständiges Land im Schatten des großen Nachbarn Saudi-Arabien überleben. Bald sind sich die beiden Seiten einig: Am 3. November 1916 unterzeichnen Scheich Abdullah bin Jasim bin Thani und Oberstleutnant Percy Cox, der Repräsentant der Britischen Krone, einen Vertrag. Katar wird britisches Protektorat, Doha zur Hauptstadt bestimmt. Künftig darf der Scheich ohne britisches Einverständnis keine außenpolitischen Kontakte unterhalten, kein Land verkaufen und keine Rohstoff-Konzessionen mehr vergeben.

Kalkül geht auf

Für Scheich Abdullah ist der Vertrag eine Lebensversicherung: "Ihrerseits verspricht die Hohe Britische Regierung, mich und meine Untertanen und mein Territorium bei Angriffen ... zu beschützen". Der Vertrag ist aus Sicht von Islamwissenschaftler Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik ein schlauer Schachzug: "Hätte es den nicht gegeben, dann wäre Katar wahrscheinlich schon einige Jahre später unter saudi-arabische Herrschaft gefallen." Das Kalkül des Scheichs geht unter seinen Nachfolgern auf. 1971 ziehen sich die Briten vom Golf zurück, Katar wird selbstständig. Auch wirtschaftlich steht die Halbinsel auf eigenen Füßen: Ende der 1930er Jahre waren Öl- und Gasvorkommen entdeckt worden.

Die Zäsur kommt 1995: Hamad bin Khalifa al-Thani stürzt seinen Vater und richtet Katar neu aus. Der 43-jährige Hamad fährt außenpolitisch einen risikoreichen Kurs. Mal vermittelt er, mal ergreift er Partei - in Syrien, Libyen, Yemen, Ägypten. Dort gibt es Konflikte, bei denen auch Katars große Nachbarn Saudi-Arabien und Iran eigene Interessen verfolgen. Scheich Hamads Trick: Er laviert zwischen diesen beiden Lagern. Den Fernsehsender Al Dschasira, den er 1996 gründet, nutzt er dabei als politisches Instrument.

Unermesslicher Reichtum

Die Rückversicherung Katars ist eine enge Bindung an die USA, die schließlich Ende der 1990er Jahre in al-Udeid eine ihrer wichtigsten Luftwaffenbasen der Region einrichten. Seitdem hat das Scheichtum von seinen Nachbarn nichts mehr zu befürchten. Auch wirtschaftlich ist Katars Bedeutung gestiegen. Das Emirat verfügt über die drittgrößten Gasreserven weltweit. "Das Land ist unermesslich reich geworden, nachdem man Gas verflüssigen konnte", sagt Jürgen Hofgrefe, in den 1990er Jahren "Spiegel"-Korrespondent im Nahen Osten, heute Geschäftsführer der Deutsch-Katarischen Gesellschaft.

Der Wüstenstaat steckt Milliarden in Bildung und Erziehung, kauft sich Ableger der besten US-Universitäten, um den eigenen Nachwuchs zu schulen. Gleichzeitig entwickelt sich das Land zum gefragten Austragungsort für große Sportveranstaltungen. Katar richtet Weltmeisterschaften und asienweite Wettbewerbe aus. 2022 soll dort auch die Fußball-Weltmeisterschaft stattfinden. Nach dem Zuschlag im Dezember 2010 durch Fifa-Präsident Sepp Blatter ist die Euphorie in Katar allerdings schnell verflogen. Die internationalen Medien berichten über unmenschliche Arbeitsbedingungen der hunderttausenden Bauarbeiter im Emirat. Nahezu geräuschlos findet 2013 dagegen ein Machtwechsel statt. Scheich Hamad übergibt die Macht an seinen Sohn Tamim bin Hamad al-Thani. Der 33-Jährige agiert etwas zurückhaltender - nicht zuletzt, weil sich angesichts der Entspannung zwischen Washington und Teheran Gerüchte halten, wonach sich die Amerikaner vom Golf zurückziehen könnten.

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