Der erste Satz eines Buches ist seine Visitenkarte. Patricia Highsmith bevorzugt kurze, prägnante Einstiege. So auch bei "Zwei Fremde im Zug" (1950), ihrem ersten veröffentlichten Roman. "Der Zug jagte dahin in einem zornigen, unregelmäßigen Rhythmus", lautet dessen Eröffnung. Damit wird aus der Comiczeichnerin und Kurzgeschichten-Schreiberin eine bekannte Autorin.
Zehn Tage nach Erscheinen ihres Romandebüts erwirbt Regisseur Alfred Hitchcock die Filmrechte – obwohl sein Drehbuch-Autor genauso wie die sechs Verleger, die das Manuskript zunächst abgelehnt haben, an der Glaubwürdigkeit der Handlung zweifelt. Dem Plot liegt die Idee für ein perfektes Verbrechen zugrunde: Zwei Fremde, die sich zufällig in einem Zug treffen, begehen einen Mord füreinander.
Entdeckung der Abgründe
Geboren wird Highsmith am 19. Januar 1921 in Fort Worth im US-Bundesstaat Texas. Ihre Eltern werden fünf Monate vor ihrer Geburt geschieden. Ihre Kindheit beschreibt sie als liebloses Aufwachsen in einer Atmosphäre voller Streit und Unruhe.
Mit acht Jahren entdeckt Highsmith in Karl Menningers psychiatrischer Studie "The Human Mind" die Abgründe der menschlichen Seele und damit eines ihrer späteren Themen. Im College, wo sie zwischen 1938 und 1942 Englische Literaturwissenschaft studiert, gibt sie eine Zeitschrift heraus und druckt darin eigene Erzählungen mit eigenen Zeichnungen ab.
"Dichterin der unbestimmbaren Beklemmung"
Sympathie für die Täter sowie die literarische Diskussion von Schuld und Moral werden zu Markenzeichen von Highsmiths Büchern. In fünf Romanen tritt die Figur Tom Ripley auf – ein sympathischer Mörder, der nicht gefasst wird. Das wirkt neu und irritierend. Schriftsteller-Kollege Graham Greene wird Highsmith deshalb die "Dichterin der unbestimmbaren Beklemmung" nennen.
1963 geht Highsmith nach Europa. Sie lebt in Großbritannien und Frankreich, bevor sie sich schließlich in einem speziell nach ihren Vorstellungen erbauten Haus in der Schweiz niederlässt. Das bunkerähnliche Gebäude, das sich nur zum Garten hin öffnet, vergleicht ihr Architekt mit der Persönlichkeit der Schriftstellerin. Tatsächlich empfindet Highsmith zu viel Nähe in Beziehungen als beengend und teilt Gefühle lieber mit ihren Katzen und Büchern.
Sieben Jahre lebt Highsmith noch in ihrem Domizil in Locarno, bevor sie am Anfang 1995 an Krebs stirbt. Erst in ihrem Nachlass klärt sie die Öffentlichkeit über ihre Liebe zu Frauen auf. Einen literarischen Hinweis hat sie aber bereits mit ihrem letzten Buch gegeben: "Small g. Eine Sommeridylle" spielt in der Homosexuellen-Szene von Zürich.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 19. Januar 2021 ebenfalls an Patricia Highsmith. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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