Papst Pius XII.

November 1951 - Papst Pius XII. erkennt den Urknall an

Stand: 23.11.2016, 00:00 Uhr

Rom 1951, an einem Donnerstag im November. Papst Pius XII. hält eine Rede vor den Mitgliedern der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften. Es geht um neueste Erkenntnisse im Mikro- und Makrokosmos, um Atomphysik und Kosmologie. Die Papstrede wird in die Geschichte eingehen. Denn sie versucht, biblische Schöpfung und den Urknall in Einklang zu bringen.

"Es scheint, dass es der modernen Wissenschaft gelungen ist, durch geniales Zurückgreifen um Millionen von Jahrhunderten irgendwie Zeuge zu sein jenes am Uranfang stehenden 'Es werde Licht', als die Materie ins Dasein trat und ein Meer von Licht und Strahlung aus ihr hervorbrach", urteilt Pius XII. Für ihn ist der Big Bang ein Gottesbeweis: "Die Erschaffung also in der Zeit. Deshalb ein Schöpfer. Folglich: Gott existiert."

Für Einstein "zu viel Schöpfung"

In Zeiten des Kalten Kriegs stößt diese religiöse Vereinnahmung einer wissenschaftlichen Idee alle Atheisten, vor allem aber die Länder Osteuropas, vor den Kopf. Die Aussage wird vielerorts als politischer Affront begriffen. Aber auch ein ausgewiesener Katholik ist betrübt: Der belgische Priester und Physiker Georges Lemaître, selbst Akademiemitglied, der die Theorie vom Urknall erfunden hat. "Wir können uns den Anfang des Universums in der Form eines einzigen Atoms vorstellen", heißt es vorsichtig in seiner 1931 publizierten Schrift. "Dieses höchst instabile Atom würde in einer Art super-radioaktivem Prozess in kleinere und kleinere Atome zerfallen."

Lemaître versucht seit Jahren vehement, sein wissenschaftlich orientiertes Modell aus dem Feld des Glaubens und der Spekulation herauszuhalten. Das hat vor allem damit zu tun, dass es die Theorie, die ihr atheistischer Gegner Fred Hoyle abfällig als "Big Bang" – also als "Riesen-Rumms" – bezeichnet hat, in Fachkreisen ohnehin schon schwer genug hat. Albert Einstein, der ein unveränderliches Universum bevorzugt, habe sie "vom physikalischen Standpunkt her ganz und gar scheußlich" gefunden, wird sich Lemaître später erinnern. "Nein, nur das nicht, das suggeriert zu viel Schöpfung!", postuliert Einstein. "Die Hypothese des Ur-Atoms ist die Anti-These zur übernatürlichen Erschaffung der Welt", hält Lemaître dagegen.

Beide Wege zur Erkenntnis beschritten

Mit Wissenschaft und Glauben gebe es zwei Wege zur Wahrheit, erläutert Lemaître in einem Interview. "Ich entschied mich – für beide. Weder hat die Wissenschaft meinen Glauben erschüttert, noch war die Religion je Ursache, Schlussfolgerungen in Frage zu stellen, die ich durch wissenschaftliche Methoden erlangt habe." Diesen merkwürdigen Spagat geht der gläubige Physiker auch nach der Papstrede 1951 weiter.

Die Theorie von Gottes großem Rumms indes hält sich innerhalb der katholischen Kirche wacker weiter. "Der Urknall, der heute als Anfang der Welt betrachtet wird, widerspricht nicht dem Eingriff des göttlichen Schöpfers", betont noch Papst Franziskus 2014 in einer Erklärung, "sondern er verlangt ihn."

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Stichtag am 24.11.2016: Vor 25 Jahren: Todestag von Freddie Mercury