Der Wald ist wichtig. Und Holz bedeutet: überleben. Dieser Gedanke bestimmt schon das Mittelalter. Aus dem 13. Jahrhundert ist eine Abschrift elsässischer Mönche überliefert, die beschreibt, wie Nutzwälder wiederaufzuforsten seien. In der Schweiz des 14. Jahrhunderts sind Bergwälder als Schutz vor Erosion ausgewiesen, die weder bewirtschaftet noch abgeholzt werden dürfen. Und Kaiser Maximilian I. (1459-1519) gilt als der erste, der mit der Eibe ein Waldgewächs unter Naturschutz stellt.
Tatsächlich geht es Maximilian allerdings nicht um dem interesselosen Schutz der Natur, sondern um wirtschaftliche und – vor allem – militärische Interessen. Der Schutz der Pflanze soll vor allem verhindern, dass Händler die Feinde des Heiligen Römischen Reiches mit dem Rohstoff beliefern können. Das Holz für Waffen, Schifffahrt und Hausbau soll gefälligst in den eigenen Reihen bleiben.
Ältestes Naturschutzgebiet der Welt
Ganz ähnlich ist es im fernen Tobago: Auf der Insel vor der Nordküste Südamerikas dient der Naturschutz handfesten Interessen. Wie Trinidad, so wird auch Tobago 1498 von Kolumbus entdeckt, die Ureinwohner werden von den Spaniern nahezu vollständig ausgerottet. Die Besitzer wechseln ständig. Frankreich, Polen und Großbritannien erheben Ansprüche, zeitweise ist die Insel im Besitz von Piraten. Im 18. Jahrhundert hat England die Oberhand. Britische Plantagenbesitzer haben sich hier breitgemacht. Denen aber ist der Regenwald ein Dorn im Auge. Um ihn als Anbaufläche für Zuckerrohr nutzbar zu machen, beginnen sie, ihn abzuholzen. Damit graben sie sich aber buchstäblich das Wasser ab.
Denn der rund 600 Meter über dem Meeresspiegel gelegene Regenwald auf dem Gebirgsrücken "Main Ridge" erfüllt eine wichtige Funktion als Erosionsschutz – und als Wasserspeicher. Dass die Region auch noch als Jagdgebiet fungieren kann, ist ein weiterer positiver Nebeneffekt. Am 13. April 1776 stellt das britische Parlament darum den Regenwald auf Tobago per Dekret unter Naturschutz. Seitdem gilt das "Main Ridge Forest Reserve" als ältestes Naturschutzgebiet der Welt.
Rettet den "Weißschwanz-Degenflügel"
Heute steht das 3.958 Hektar große "Main Ridge Forest Reserve" auf der Vorschlagsliste zum UNESCO-Weltnaturerbe. Viele vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten haben sich in der schwülen Atmosphäre von 100 Prozent Luftfeuchtigkeit erhalten. Trotz aller Gefahren: Als Hurrikan "Flora" 1963 mit 200 Kilometern pro Stunde über die Insel hinwegging, schien er auch den nur zwölf Zentimeter großen und zehn Gramm leichten "Weißschwanz-Degenflügel", der nur noch hier und in Venezuela vorkommt, für immer mit sich gerissen zu haben. Doch im Schutzgebiet erholte sich die Population wieder. Inzwischen gehen Ornithologen - natürlich nur mit Feldstecher und Kamera - wieder auf die Jagd auf den extrem seltenen Kolibri, dessen Flügel bis zu 60 Mal in der Sekunde schlagen.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 13. April 2016 ebenfalls an das erste Naturschutzgebiet. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.