Als der frühere polnische Offizier Franciszek Gajowniczek 1995 im Alter von 93 Jahren stirbt, sagt seine Witwe Janina: "Mein Mann ist jetzt zu Pater Kolbe gegangen." Der Franziskaner-Priester Maximilian Kolbe hatte im Konzentrationslager Auschwitz sein Leben für Gajowniczek geopfert.
Die Szene ist mehrfach bezeugt: Am 29. Juli 1941 gibt es im Stammlager Auschwitz gegen 14 Uhr Alarm. Ein Häftling fehlt. SS-Hauptsturmführer Karl Fritzsch, der Lagerkommandant, statuiert ein Exempel: Zehn Häftlinge sollen im sogenannten Hungerbunker sterben.
Betend im Hungerbunker
Der damals 39-jährige Gajowniczek, der zu den Selektierten gehört, fleht um sein Leben. Er habe eine Frau und zwei Kinder. In diesem Augenblick tritt Pater Kolbe vor und sagt: "Ich gehe anstelle dieses Vaters." KZ-Kommandant Fritzsch ist irritiert und brüllt: "Umtauschen!"
16 Tage überlebt der - wegen angeblich deutschfeindlicher Hetze inhaftierte - Priester im Hungerbunker. "Ich fand Pater Maximilian immer mitten in der Zelle kniend oder stehend, laut betend", erinnert sich der KZ-Überlebende Bruno Borgowiec, der die Leichen der Verhungerten bergen muss.
Alles für Jungfrau Maria
Der am 7. Januar 1894 in Zdunska-Vola geborene Kolbe ist tief religiös. Schon mit 16 Jahren verschreibt er sich ganz der Jungfrau Maria. Für sie wird er Franziskaner-Mönch und gründet in den 1920er ein Glaubenswerk, das zu einem großen Unternehmen heranwächst: 700 Beschäftigte, eigene Werkswohnungen sowie Zeitschriften, Zeitungen und Büchern in Millionen-Auflage.
Für seine "Ritterschaft der Unbefleckten" geht Kolbe in den 1930er Jahren auf Missionsreise nach Japan. Die Ordensoberen sehen skeptisch zu, wie Bruder Maximilian zum frommen Propagandisten wird. Kritiker sehen in ihm sogar einen Antisemiten, denn Kolbe betrachtet die Freimaurer, "als eine organisierte Clique fanatischer Juden, die die Kirche zerstören wollen".
Mit Spritze getötet
Kolbes Verehrer verweisen hingegen darauf, dass er ab 1939 hunderten Juden Asyl im Kloster gewährt hat, um sie vor den Nazis zu schützen. Weil der Priester sich in Auschwitz für einen anderen Gefangenen geopfert hat, spricht ihn Papst Johannes Paul II. 1982 heilig.
Überlebende berichten, wie sie tagelang Kolbes Stimme aus dem Hungerbunker gehört haben. Am 14. August 1941 finden die SS-Wachleute ihn und drei weitere Häftlinge noch lebend vor. Kommandant Fritzsch lässt sie mit einer Phenol-Spritze töten. Er braucht den Platz für eine neue Strafaktion.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 7. Januar 2019 ebenfalls an Maximilian Kolbe. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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