Der britische Autor William Shakespeare bedient sich oft an der Geschichte: Historische Figuren wie King Lear, Julius Cäsar und Antonius samt Kleopatra kommen in seinen Dramen vor. Oder auch der Schotte Macbeth.
Den Stoff dafür hat Shakespeare aus den "Holinshed's-Chronicles" - einem Geschichtswerk des ausgehenden 16. Jahrhunderts, das die Geschichte von England, Schottland und Irland beschreibt.
Vom eigenen Heerführer erschlagen
Demnach tötet Macbeth im 11. Jahrhundert den schottischen König Duncan, um selbst den Thron zu erlangen. Als Quelle gilt Marianus Scotus, ein Mönch und Eremit aus Irland.
In dessen "Chronicon", einer Art Weltgeschichte, heißt es zum Jahr 1040, König Duncan sei von seinem Heerführer erschlagen worden. Laut Scotus geschieht die Tat im Herbst. Andere Quellen nennen den 14. August.
Dichtkunst und Wirklichkeit
Shakespeare erzählt den Ablauf anders: In seinem Drama ermordet Macbeth - angestiftet von seiner Frau - den braven König Duncan im Schlaf. In Wirklichkeit besiegt Macbeth den Herrscher wohl auf dem Schlachtfeld.
Denn Duncan ist offenbar äußerst unbeliebt. Dessen kurze sechsjährige Herrschaft endet in einer Revolte, die von Macbeth angeführt wird. Laut Scotus ist Macbeth als König von Schottland 17 Jahre lang an der Macht. Seine Herrschaft ist so stabil, dass er sogar eine Pilgerreise nach Rom machen kann.
Macbeth als Tyrann
Ganz anders bei Shakespeare: Im Drama schmilzt die Herrschaft des Macbeth auf gefühlt wenige blutige Wochen zusammen. Auch seinen Freund Banquo lässt Macbeth demnach ermorden. Denn Hexen hätten geweissagt, Banquo werde Könige zeugen, obwohl er keiner sei.
Obwohl Banquos historische Existenz nicht verbürgt ist, ist diese Figur zu Shakespeares Zeiten wichtig. Der Grund: 1603 besteigt erstmals ein König aus dem Hause Stuart den englischen Thron: James I. Die Dynastie Stuart beruft sich selbst auf die Abstammung von Banquo - einen möglicherweise imaginären Vorfahren.
Avancen an Stuart-Dynastie
Es ist also kein Zufall, dass Banquo in Shakespeares Drama von 1606 eine Hauptrolle spielt - und Hexen darin auftauchen: König James I. hat ein Faible für Hexen. Der Schriftsteller verbeugt sich vor dem neuen Herrscher.
Bei Shakespeare wird dem Tyrannen Macbeth der Kopf abgetrennt und auf eine Stange gesteckt. Wie Macbeth in Wirklichkeit stirbt, ist den zeitgenössischen Quellen nicht zu entnehmen. Er soll hoch geehrt beerdigt worden sein. Sein Nachfolger jedenfalls wird König Malcom III., der älteste Sohn seines Vorgängers Duncan.
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 14. August 2020 ebenfalls an die Tötung von König Duncan durch Macbeth. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 15.08.2020: Vor 5 Jahren: Max Greger stirbt in München