Auf die Presse ist Lou Reed nicht gut zu sprechen. "Ich mag keine Journalisten", sagt er einmal. "Ich verachte sie. Sie sind widerlich." Wenn der Musiker eine Frage zu dumm findet, droht er dem Interviewer auch schon einmal Prügel an. Überhaupt gibt er ungern Auskunft über sein Leben. Einsilbigkeit ist seine Strategie. Wofür er sein Geld ausgebe, wird er von einem Journalisten gefragt. "Für Drogen", lautet die kurze Antwort.
Ausführlicher fließt Reeds Biografie in seine Lieder ein, zum Beispiel in "I'm Waiting For My Man", das er 1966 mit seiner Band "The Velvet Underground" einspielt. Was zunächst wie ein homoerotisches Bekenntnis des Song-Ichs wirkt, entpuppt sich durch den Text als Drogengeschichte: Der Mann, auf den Reeds Alter Ego mit 26 Dollar in seiner Hand und mehr tot als lebendig wartet, ist ein Dealer.
Dichtung und Musik kombinieren
Geboren wird Reed am 2. März 1942 in New York City. Schon zu seiner Schulzeit interessiert er sich für Rock 'n' Roll und Blues. Da er als aufsässig und andersartig gilt, schicken ihn seine Eltern in psychiatrische Behandlung, wo er mit Elektroschocks gequält wird. Statt ihn wie gewünscht von homoerotischen Neigungen und den häufigen Stimmungswechseln zu kurieren, bringt ihn die Therapie zu harten Drogen.
Mit 22 Jahren schreibt sich Reed seine Erfahrungen in "Heroine" von der Seele. Da studiert er an der Universität von Syracuse im US-Bundesstaat New York Englisch und hat in dem Dichter Delmore Schwartz einen Dozenten gefunden, der ihn unterstützt. Schreiben und Rock 'n' Roll seien die beiden Dinge, die er am meisten möge, wird sich Reed später äußern. Deshalb wolle er sie in seiner Musik verbinden. Mit dieser Einstellung und seinem eigenwilligen Gitarrenspiel wird er zum düsteren Rock-Poeten der 60er- und 70er-Jahre, der Sex, Drogen und Gewalt besingt.
In Warhols "Factory"
Die Chance zu dieser Karriere bekommt Reed 1963 nach seiner Rückkehr nach New York, wo er in die Underground-Szene Manhattans eintaucht. Zunächst verdingt er sich als Songschreiber für ein Tanzlabel, lernt aber schon bald den walisischen Bratschisten John Cale kennen. 1965 gründen die beiden zusammen mit Sterling Morrison und Maureen Tucker die Band "The Velvet Underground", die bald zum festen Bestandteil von Andy Warhols "Factory" gehört. Für das erste und musikgeschichtlich einflussreichste der vier Alben der Gruppe entwirft Warhol das berühmte Bananencover. Da ist auch schon die Kölner Sängerin Christa Päffgen alias Nico dabei.
1973 lösen sich "The Velvet Underground" auf. Im Jahr zuvor startet Reed mit dem von David Bowie produzierten Album "The Transformer" eine Solokarriere. Mit ihm legt sich Reed endgültig das Image eines Sängers zu, der auf der wilden Seite des Lebens zu Hause ist. Mit "Walk On the Wild Side" über den Transvestiten Hollie landet Reed denn auch seinen größten Hit. Danach wird es still um den dunklen Star.
Von Laurie Anderson geerdet
Privat geht es indes bergauf. Nach zwei gescheiterten Ehen wird Reed von der Sängerin Laurie Anderson geerdet. In seinen letzten zwei Lebensjahrzehnten schwört er den Drogen ab und bringt es zum Meister des Thai-Chi. 2013 stirbt Lou Reed in East Hampton, New York.
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