Bei seiner Krönung am 23. Oktober 1520 ist Karl V. erst 20 Jahre alt und dank der geschickten Heiratspolitik seiner Vorfahren bereits Regent eines beachtlichen Herrschaftsgebietes. Der in Gent geborene Habsburger ist Herzog von Burgund, König von Spanien und damit auch von "Neu-Spanien", dem Land, das jüngst Columbus erreicht und Männer wie Cortez erobert hatten.
Als sein Großvater Maximilian stirbt, begehrt Karl auch dessen Erbe als römisch-deutscher König. "Er bekam damit das Recht auf das Kaiseramt, und das war die höchste Würde in Europa, in der Christenheit", erklärt Prof. Dr. Heinz Schilling, Historiker an der Humboldt-Universität Berlin und Biograph Karls V.
Wahlkampf mit allen Mitteln
Doch Deutschland ist eine Wahlmonarchie und auf den Thron würden auch gerne Franz I. von Frankreich und Heinrich VIII. von England steigen. Stimmberechtigt sind die Kurfürsten, die mächtigsten Territorialherrscher in Deutschland. Nachdem Heinrich VIII. das Feld räumt, liefern sich Franz I. und Karl einen Wahlkampf mit allen Mitteln.
So mutmaßt Franz I. in einem Brief an die Kurfürsten, dass Karl die psychischen Probleme seiner Mutter, Johanna der Wahnsinnigen, geerbt haben könnte. Die Habsburger schüren indes bei den Wahlmännern die Angst vor einem König ausländischer Abstammung, der ihre deutschen Interessen nicht ausreichend vertreten könnte.
Wer das Geld hat, gewinnt die Wahl
Letztlich entscheidet das Geld die Wahl. Unter anderen leiht der Augsburger Bankier Jakob Fugger dem Habsburger fast eine halbe Million Gulden, die zum großen Teil in den Schatullen der Kurfürsten landen. "Die Geldgeber haben gewusst, dass sie einsteigen in einen ungeheuren Wirtschaftsraum", erläutert der Wiener Historiker Alfred Kohler die großzügige Kreditvergabe der Banker.
Karl gewinnt die Wahl und wird in Aachen zum Karl V. gekrönt. Zehn Jahre später krönt ihn auch Papst Clemens VII. in Bologna zum Kaiser des "Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation". Karl V. ist mächtiger als alle Regenten vor und nach ihm. Schon seine Zeitgenossen sprechen vom "Herrscher eines Reiches in dem die Sonne nicht untergeht."
Doch am Ende des Mittelalters und dem Beginn der Neuzeit ist die Welt im Umbruch: Karl V. sieht sich als Verteidiger der Christenheit, kann aber die Spaltung der Konfessionen nicht verhindern. Auch die Territorien in der Neuen Welt und die Expansion der Osmanen sowie eine Vielzahl an Kriegen zermürben den Herrscher. Er dankt im Oktober 1555 freiwillig ab und zieht sich bis zu seinem Tod 1558 in ein spanisches Kloster zurück.
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