Schüler an Gedenktafel für Konrad Koch in Braunschweig, Gymnasium Martino- Katharineum

Stichtag

13. Februar 1846 - Fußball-Pionier Konrad Koch wird geboren

Stand: 13.02.2016, 00:00 Uhr

Bei Einrichtung des Spielplatzes  ist Sorge zu tragen, dass kein Schüler gegen den Ostwind anzulaufen hat. Bei unsicherem Wetter wird nur von Freiwilligen gespielt und seinen Rock darf nur ablegen, wer darunter ein wollenes Hemd trägt. So bestimmen es die allerersten in Deutschland veröffentlichten Fußballregeln, verfasst vom Braunschweiger Gymnasialprofessor Konrad Koch.

Ein Jahr vor der Niederschrift tummeln sich einem kühlen Herbsttag 1874 Schüler des altehrwürdigen Martino-Katharineums auf dem "Kleinen Exerzierplatz" vor den Toren Braunschweigs. Herbestellt hat sie ihr hochgeschätzter Professor Koch, doch die Pennäler haben keine Ahnung, dass sie im nächsten Moment die ersten Fußballspieler Deutschlands sein werden.

Am Anfang war der Ball ein Ei

Während des Studiums war der am 13. Februar 1846 in Braunschweig geborene Konrad Koch auf Berichte über einen Schulleiter im englischen Rugby gestoßen. Der soll seine Schüler durch einen neuen Fußballsport vom Trinken und Herumlungern abgebracht und ihnen spielerisch Werte wie Teamgeist nahe gebracht haben. Als Konrad Koch 1868 am Martino-Katharineum seiner Heimatstadt Professor für Deutsch und alte Sprachen wird, führen die Schüler ebenfalls ein rechtes Luderleben. Alles andere als ein Pauker alter Schule und damit zu Kaiser Zeiten eine Ausnahmeerscheinung, erkennt der 23-jährige Junglehrer: Schulische Erziehung auch zu ethischen Tugenden "muss ihre Wirksamkeit auf den Spielplatz ausdehnen."

Im Turnlehrer August Hermann findet Koch einen engen Verbündeten für seine Ideen zum Schulsport. Hermann lässt sich aus London einen echten Fußball schicken und wirft ihn an jenem Septembertag 1874 auf dem Exerzierplatz den von Koch versammelten Schülern einfach vor die Füße. Obwohl der Ball nicht rund ist – eigentlich handelt es sich um ein Rugby-Ei – sind die Pennäler sofort Feuer und Flamme. "Bald spielten die deutschen Knaben das englische Spiel, wenn auch anfangs noch nicht mit allen Feinheiten, doch eifrig und geschickt und zu ihrem größten Vergnügen“, schreibt Konrad Koch später über das wahrscheinlich erste Fußballspiel auf deutschem Boden.

Verachtung von der Turnerschaft

Kochs Regeln von 1875 orientieren sich am englischen Rugby-Vorbild. So wird der Ball anfangs meist noch mit der Hand gespielt. Erst in einer Neufassung verlagert Koch 1882 das Spiel auf die Füße. Den Kapitän einer "Gespielschaft" tauft der Professor zur Würdigung seiner Majestät Wilhelm I. "Fußball-Kaiser". Markmänner ("marksmen") an den Seiten unterstützen die Stürmer und Malmänner machen hinten dicht. Später bürgert sich für die von Koch so genannten Malstangen mit einer Querstange, analog zum englischen "goal", das Wort Tor ein. Dank der Förderung durch ihren progressiven Direktor können Konrad Koch und August Hermann alle Widerstände im Lehrkörper gegen Spiel-Sportarten überwinden. Selbst Preußens Kulturministerium empfiehlt 1882 allen Schulen, Turnspiele im Freien einzuführen.

Bei der traditionellen Turnerschaft dagegen stoßen die Fußball-Pioniere auf strikte Ablehnung. Der Stuttgarter Turnlehrer Karl Planck höhnt über die "englische Krankheit" und "rüde Fußlümmelei": "Was bedeutet der Fußtritt in aller Welt? Er ist ein Zeichen der Wegwerfung, der Geringschätzung, der Verachtung, des Ekels, der Abscheu." Doch die Begeisterung fürs Kicken ist nicht aufzuhalten. Von Braunschweig aus verbreitet sich der Fußball über das ganze Land. So kann Konrad Koch bereits 1894, neun Jahre vor dem ersten deutschen Meisterschaftsfinale,  in seiner "Geschichte des Fußballs" feststellen: "Die Frage, ob Fußball in Deutschland eingeführt werden soll oder nicht, bedarf keiner Erörterung mehr. Sie ist durch die Macht der Tatsachen entschieden." Lediglich in Bayern gehen die Uhren anders: Dort bleibt Schülern die Fußlümmelei noch bis 1927 unter Strafandrohung verboten.

Stand: 13.02.2016

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