11. Dezember 1756 - Todestag von Theodor von Neuhoff, König von Korsika

Stand: 11.12.2016, 00:00 Uhr

"Ich bin Theodor, man hat mich in Korsika zum König gewählt; man nannte mich 'Eure Majestät', und jetzt nennt man mich mit Müh und Not 'Herr'. Ich habe Münzen schlagen lassen und besitze nicht einen Heller, ich saß auf einem Thron und habe lange Zeit in London im Gefängnis gelegen, auf einem Strohlager." Mit diesen Worten setzt Voltaire dem Baron Theodor von Neuhoff aus dem sauerländischen Pungelscheid ein Denkmal. Im Roman "Candide" (1759) speist er mit fünf anderen abgesägten Monarchen. Die Gruppe ist sich einig: Der einstige König von Korsika ist der Bedauernswerteste von ihnen allen.

Im 18. Jahrhundert ist Neuhoff derart populär, dass er es bis zum Opernhelden bringt - wenn auch, seinem Schicksal gemäß, nur in ein komisches Heldenspiel. "König Theodor in Venedig" wird von Kaiser Joseph II. beim Komponisten Giovanni Paisiello in Auftrag gegeben, Premiere ist 1784 am Wiener Burgtheater. Dort erscheint der Titelheld als Schaumschläger, Betrüger, Pleitier und Witzfigur.

Die Chance seines Lebens

Geboren wird Neuhoff im August 1694 in Köln. Seine Kindheit verlebt er auf dem Familiensitz in Pungelscheid. Später geht er auf die Jesuiten-Kollegs in Köln und Münster, wo man ihm eine glänzende Karriere prophezeit. 1709 vermittelt ihn die Mutter als Pagen von Liselotte von der Pfalz, Schwägerin des Sonnenkönigs, nach Versailles. Auch sie ist angetan von dem hübschen Jungen mit den blauen Augen, der zudem auch noch angemessen Konversation betreibt. Bei Hofe findet Neuhoff aber auch Geschmack am Spiel, er verschuldet sich. Die besorgte Liselotte schickt ihn deshalb als Offizier zum Kurfürsten von Bayern, wo er wegen Betrugs in Arrest gerät.

Es folgt eine Odyssee über die Höfe Europas. Neuhoff, der viele Sprachen fließend beherrscht, ist als Agent des Freiherrn von Görtz an einer Verschwörung gegen England beteiligt und arbeitet in Spanien für den Staatsminister König Philipps V., Kardinal Giulio Alberoni. Anfang der 1730er Jahre lernt Neuhoff, gerade als Geheimagent der Habsburger unter Vertrag, korsische Freiheitskämpfer kennen. Deren Insel leidet unter der Herrschaft der Seemacht Genua. Der Baron, mit vielen Häuptern Europas bekannt, wird zum Hoffnungsträger der Korsen, die ihm die Königskrone anbieten: die Chance seines Lebens.

Der "zweite Moses"

Um den Plan zu verwirklichen, reist Neuhoff in den Folgejahren durch die Welt, um Geld und Unterstützer zu gewinnen. Beim türkischen Sultan findet er ebenso Gehör wie bei der englischen Krone. Neuhoff kann Waffen kaufen und ein Schiff ausrüsten. Im März 1736 segelt er mit seinem Gefolge nach Korsika, wo er als "zweiter Moses" begeistert empfangen wird. Dem dortigen Volk bietet er einen grandiosen Aufritt. Er trägt ein Phantasiekostüm mit einem langen Kaftan aus scharlachroter Seide, einer maurischen Hose, gelben Schuhen, einem spanischen Hut und einem Zepterstab. 7.000 Flinten, 2.000 Paar Schuhe, Gold und Silber, Offiziere, Sklaven und Lakaien hat er im Gepäck.

Neuhoff ist nicht nur wild auf den Königstitel, er hat auch einen ehrenwerten Plan. Als Monarch will er die Ideen der Aufklärung auf die Insel bringen: Auf seinen eigenen Wunsch hin soll seine Macht durch Verfassung und Landtag beschränkt werden. Mitte April 1736 wird Neuhoff von den Delegierten aller korsischen Gemeinden gewählt und in einer bescheidenen Zeremonie mit einem Lorbeerkranz gekrönt. Und er ist zuerst sehr erfolgreich. Er vereinfacht das Steuersystem, lässt Münzen prägen, stellt ein kleines Heer auf die Beine und plant sogar eine Universität, von den Clan-Chefs misstrauisch beäugt. Nach sieben Monaten setzen sie ihn wegen der immer noch nicht gänzlich vertriebenen Genuesen unter Druck. Neuhoff verlässt die Insel, um Verstärkung zu holen. Er kehrt nie zurück.

Stattdessen irrt er auf der Suche nach Sympathisanten der korsischen Sache in wechselnden Verkleidungen durch Europa. Dreimal organisiert er Schiffe, aber die inzwischen mit den Franzosen verbündeten Genuesen verhindern die Einfahrt in den Hafen. Die Freiheitskämpfer finden schließlich in Pasquale Paoli einen neuen Hoffnungsträger. Der an den Höfen als "Sommer-König" verspottete Neuhoff stirbt nach Jahren im Schuldgefängnis am 11. Dezember 1756 im Londoner Armenviertel Soho.

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