König Hassan II. von Marokko ist umstritten. Nach dem Tod des 70-Jährigen am 23. Juli 1999 in Rabat gehen die Meinungen auseinander. "Für den Maghreb, für Afrika, für die arabische Welt, für die Muslime: International hat Hassan II. Meilensteine gesetzt", sagt Abbas al-Fassi, ehemaliger Premierminister von Marokko.
"Das ist der Tod eines Autokraten. Eines der schwärzesten Kapitel der jüngeren Geschichte Marokkos geht damit zu Ende", sagt hingegen Bachir Ben Barka, Sohn eines bekannten Oppositionellen.
Für heilig erklärt
Geboren wird Hassan, Sohn von Mohammed V., am 9. Juli 1929 in Rabat. Der Prinz wird in französischer Sprache und Literatur unterrichtet, in islamischer Geschichte und Religion. Bereits als junger Mann unterstützt er seinen Vater in diplomatischen und politischen Angelegenheiten.
Als der Vater 1961 stirbt, wird der Sohn im Alter von 31 Jahren als König Hassan II. von Marokko inthronisiert. Eine neue Verfassung gibt ihm weitreichende Befugnisse. "Die Person des Königs wird nicht nur für unantastbar erklärt, sondern für heilig", sagt Professorin Bettina Dennerlein aus Zürich, Expertin für die moderne Geschichte Marokkos.
Feudales Willkürregime
1971 und 1972 übersteht Hassan II. zwei Putschversuche. Er lässt jede Opposition kompromisslos verfolgen. Tausende Menschen werden inhaftiert, viele verschwinden nach Verhaftungen oder Entführungen spurlos.
Es herrscht ein feudales Willkür-Regime. Hassan II. kontrolliert die Wirtschaft und häuft ein Milliardenvermögen an, während die Bevölkerung arm bleibt.
Politik der Öffnung
Anfang der 1990er Jahre stärkt Hassan II. sein Ansehen bei den westlichen Regierungen: Zum einen steht er 1990 im Golfkrieg an der Seite der USA und schickt Soldaten in den Kampf gegen den Irak, zum anderen vermittelt er im Nahostkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern.
Im eigenen Land sind die kritischen Stimmen inzwischen allerdings so laut, dass der König sich für eine vorsichtige Politik der Öffnung entscheidet. Er reformiert das Familienrecht und gibt den Frauen mehr Rechte.
Verbrechen werden untersucht
Für Bettina Dennerlein handelt es sich nicht nur um "ein geschicktes Agieren eines autoritären Herrschers, der Pseudo-Spielräume eröffnet", sondern tatsächlich um "die Ausweitung der politischen Partizipation".
Nach dem Tod von Hassan II. setzt sein Sohn und Nachfolger, König Mohammed VI., 2004 eine Wahrheitskommission ein zur Untersuchung der Verbrechen in der Amtszeit seines Vaters - bislang einmalig in der arabischen Welt.
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