Keinen Ort haben Seefahrer einst so gefürchtet wie Kap Hoorn, wo sich Atlantik und Pazifik treffen. Monsterwellen, gefährliche Strömungen, eisige Stürme und schlechte Sicht machen die Fahrt um die südlichste Spitze Südamerikas jahrhundertelang zum Überlebenskampf. Rund 800 Wracks und über 10.000 Seeleute haben auf dem größten Schiffsfriedhof der Welt ihr Grab.
Die ersten, die vor 400 Jahren das "Tor zur Hölle" umsegeln und beschreiben, sind die Holländer Jakob Le Maire und Willem Schouten. Im Auftrag von Jakobs Vater Isaac Le Maire sollen sie im äußersten Süden einen neuen Seeweg in den Pazifik zu finden, einen, der nicht durch die 1520 von Ferdinand Magellan entdeckte Meeresenge führt. Es geht um Geld, immens viel Geld.
Ein Schiff brennt ab
Mit allen Mitteln verteidigt die Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC) in Amsterdam ihr Monopol auf die Magellanstraße und den Seeweg nach Osten um das Kap der Guten Hoffnung. Die Routen garantieren dem Kaufmanns-Bund die Hegemonie im äußerst lukrativen Handel mit den fernen Gewürzinseln. Als die VOC ihr Gründungsmitglied Isaac Le Maire nach einem Streit ausschließt, sinnt der um seinen Profit gebrachte Investor auf Rache. Fest überzeugt, dass südlich der Magellanstraße noch ein Weg zu den Reichtümern Ostindiens existiert, rüstet Le Maire zwei Schiffe aus und beauftragt seinen Sohn Jakob, das Ende der Welt zu erkunden.
Mitte Juni 1615 sticht Jakob Le Maire auf Texel mit der "Hoorn" in See, begleitet von der größeren "Eendracht" des sturmerprobten Kapitäns Willem Schouten. Sie segeln auf der bekannten Handelsroute über den Atlantik und ankern im Dezember in einer Bucht an der argentinischen Küste. Beim Teeren der Planken gerät die "Hoorn" in Brand und fällt den Flammen zum Opfer. Auf Schoutens "Eendracht" segelt Le Maire weiter ins Ungewisse. Am 26. Januar 1616, die Einfahrt in die Magellan-Straße liegt bereits hinter ihnen, schreibt er in sein Tagebuch: "Morgens hielt der Westwind an, mit Regen, Hagel, Dünungen und Seen, die schrecklich waren. Der Wind begann sich zu erheben und in Sturm zu verwandeln, so dass das Wasser über das Schiff stürzte."
Heimkehr in Ketten
Nach dem Verlust der "Hoorn" haben die beiden Entdecker nun großes Glück, denn Wetter und See beruhigen sich. Am 29. Januar 1616 erreichen sie den südlichsten Punkt des Kontinents, die Spitze einer Felseninsel, die später Isla Hornos heißt. Jakob Le Maire, der "Präsident" der Expedition notiert: "Als wir bei klarem Wetter das Ende sehen konnten, nannte unser Präsident es zu Ehren der Stadt Hoorn Capo de Hoorn." Von Schouten nautisch präzise beschrieben, umsegelt die "Eendracht" den neuen Fixpunkt auf der Landkarte. Das Ziel, einen von der VOC unkontrollierten Seeweg zu den Gewürzinseln zu finden, ist erreicht. Für die Entdecker endet die Reise dennoch tragisch.
Im Oktober 1616 geht die "Eendracht" in Batavia (Jakarta) vor Anker. Vertreter der Ostindien-Kompanie verhaften Le Maire und Schouten als Monopolbrecher und konfiszieren das Schiff samt aller Dokumente. In Ketten gelegt, stirbt der 31-jährige Jakob Le Maire auf der Heimfahrt an Bord eines VOC-Seglers. Willem Schouten kehrt wohlbehalten zurück und wird nach Prüfung seiner Beweise als Kap-Hoorn-Entdecker rehabilitiert. Isaac Le Maire aber muss fünf Jahre um den Erfolg seiner Unternehmung kämpfen. 1622 verurteilt ein Sondergericht die Ostindien-Kompanie, alle Güter und Dokumente herauszugeben und Isaak Le Maire mit exorbitanten 64.354 Pfund Flämisch zu entschädigen. Nun im Besitz von Jakobs Tagebuch kann Le Maire endlich auch den Anteil seines Sohnes an der Entdeckung Kap Hoorns beweisen.
Stand: 29.01.2016
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 29. Januar 2016 ebenfalls an die Entdeckung von Kap Hoorn. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.