Beim Wiener Kongress kommt Österreich 1815 in den Besitz der italienischen Hafenstädte Triest und Venedig. Die kaiserlich-königliche Kriegsmarine muss nun in aller Eile eine Mittelmeer-Flotte aufbauen. Als k.k. Marineforstintendant in Triest soll Josef Ressel das für den Schiffbau benötigte Holz heran schaffen.
Weit mehr als für die Forstwirtschaft begeistert sich der 1793 in Böhmen geborene Ressel jedoch für den technischen Fortschritt im Schiffbau. Als Student der Mechanik und Hydraulik hatte er bereits 1812 die Idee, Dampfschiffe statt mit riesigen Schaufelrädern durch eine Schraube anzutreiben.
Erste Schiffsschraube dreht sich am Bug
In Triest erlebt Josef Ressel, dass viele Passagiere lieber per Segelschiff reisen, als eine teurere, aber langsame und bei Seegang ungemütliche Fahrt auf einem Raddampfer zu buchen. Das facht seinen erfinderischen Ehrgeiz an. Auf eigene Kosten konstruiert er eine großwindige Schiffsschraube nach dem Vorbild der seit der Antike bekannten archimedischen Schraube für Wasserpumpen.
Ressel baut seine von Hand zu betreibende Schiffsschraube in ein kleines Boot ein, und zwar am Bug. Hinten, so denkt er, würden Wasserwirbel den Vortrieb behindern. Die erste Testfahrt 1826 wird ein voller Erfolg. Ressel reicht daraufhin seine "Beschreibung des schraubenförmigen Triebrades bei der Dampfmaschine zur Seefahrt" in Wien zum Patent ein, das ihm am 11. Februar 1827 erteilt wird.
Dampfmaschinen-Import aus England verboten
Obwohl englische Raddampfer-Reeder alle Hebel in Bewegung setzen, um die drohende Konkurrenz zu bekämpfen, gewinnt Ressel einen Triester Kaufmann als Investor. Mit politischer Protektion des Kaiserhofs legen sie einen schraubengetriebenen Schiffsprototyp auf Kiel. Ihr Plan: Eine Passagierlinie aufzubauen, mit der sie das Adria-Monopol des Reeders John Morgan brechen wollen. Österreichs Admiralität bleibt an Ressels Erfindung uninteressiert.
Zu dessen Enttäuschung weigert man sich in Wien sogar, eine Dampfmaschine in England zu kaufen; sie muss in Österreich gebaut werden. Währenddessen reist Ressel nach Paris, um dort sein Patent zu Geld zu machen. Die Probefahrt eines kleinen Bootes mit "Propeller", wie Ressel seine Schraube nennt, verläuft erfolgreich. Doch der geschäftlich naive Erfinder hat versäumt, sich vor der Vorführung vertraglich abzusichern. Ein verhängnisvoller Fehler, denn die französischen Unternehmer verlieren ganz plötzlich das Interesse an Ressels patentierter Schiffsschraube.
Unverschuldete Blamage bei Probefahrt
Im Frühjahr 1829 läuft in Triest Ressels kleiner Schraubendampfer "Civetta" ("Kauz") vom Stapel. Den Propeller hat der Erfinder nun erstmals im Heck montieren lassen. Nachdem endlich die in Österreich gefertigte Dampfmaschine eingetroffen ist, kann die "Civetta" am 21. Oktober 1829 zur ersten Probefahrt auslaufen. Sie endet bereits nach knapp 900 Metern, als ein Druckrohr der Dampfmaschine "made in Austria" platzt. Ressels Finanziers steigen aus dem Projekt aus und Kontrahent Morgan nutzt die Blamage, um jede weitere Erprobung der tadellos arbeitenden Schiffsschraube als angeblich zu gefährlich verbieten zu lassen.
Verbittert und ruiniert zieht sich Josef Ressel auf sein Forstamt zurück. Mehrere Ingenieure in England und Frankreich reichen in den folgenden Jahren Patente ein, die auf Ressels Arbeiten beruhen. Als erstes schraubengetriebenes Handelsschiff nimmt im Winter 1837 die englische "Novelty" mit Propellern des Erfinders John Ericsson den Dienst auf. Josef Ressel bleibt die ihm gebührende Anerkennung zeitlebens verwehrt. Erst sechs Jahre nach seinem Tod 1857 würdigt die Technische Universität Wien seine Leistung mit einem Denkmal.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 11. Februar 2017 ebenfalls an Josef Ressel. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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