"Es gibt in Paris eine junge Berühmtheit, die die Musikwelt leider noch nicht entdeckt hat: den Walzerkomponisten Monsieur Offenbach", schreibt eine Pariser Musikzeitschrift 1838 über den gerade einmal 19-jährigen Jacques Offenbach. "Er scheint fest entschlossen, Strauss von seinem Thron zu stoßen."
Tatsächlich wird Offenbach später zum Begründer der modernen Operette. Der schmissige Cancan aus "Orpheus in der Unterwelt" (1858) und die wiegende Barkarole aus "Hoffmanns Erzählungen" (1881) werden zu populären Gassenhauern.
Götter als gehörnte Ehemänner
Geboren wird Offenbach am 20. Juni 1819 in Köln. Der Vater ist Kantor in der jüdischen Gemeinde von Köln und Cellist. Seinen Sohn nennt er Jakob: die Kölner rufen ihn "Köbes". Schon als junger Mann erkrankt er an Rheuma und kann kaum laufen. Mit 14 Jahren geht Offenbach nach Paris, wo er sich in Jacques umbenennt und später vom Judentum zum Katholizismus konvertiert. Auf dem Konservatorium, das Ausländern eigentlich nicht offen steht, perfektioniert er das vom Vater erlernte Cellospiel. 1835 wird er Cellist bei der Opéra-Comique, 1849 sogar Kapellmeister. Nebenbei komponiert er Tänze im Akkord: "drei Walzer vor dem Mittagessen, eine Mazurka nach dem Abendessen und vier Galopps zwischen den Mahlzeiten", wie ein Kritiker schreibt. Aber seine Leidenschaft, die komischen Singspiele, will kein Theater annehmen.
1855 eröffnet Offenbach mit dem "Bouffes parisiens" sein eigenes Theater. Hier führt er seine satirischen Operetten auf, darunter "Orpheus in der Unterwelt", die 1858 endlich den Durchbruch bringt. In ihnen macht er die Götter Griechenlands oder die Könige und Helden der Sagen zum Spiegel der adligen und bürgerlichen Gesellschaft. So werden aus den Göttern und Helden Dummköpfe, Großmäuler, Neureiche und gehörnte Ehemänner.
Bankrott trotz Welterfolg
Offenbachs satirisches Musiktheater wird ein Welterfolg. Mit ihm tritt der Komponist auf den Pariser Weltausstellungen von 1855 und 1867 auf und unternimmt 1876 eine Tournee durch die USA – um so erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass das Rheuma inzwischen derart stark geworden ist, dass Offenbach häufig zu den Aufführungen getragen werden muss. Trotz Erfolg geht sein Theater allerdings bankrott: Jacques Offenbach kann nicht wirtschaften.
Offenbach stirbt 1880 mit 61 Jahren in Paris. Der rastlose Arbeiter hinterlässt 102 Bühnenstücke, darunter 20 große Operetten und Opern. Im Nachlass findet sich auch die Partitur einer dunklen tragischen Oper: "Hoffmanns Erzählungen" wird erst posthum aufgeführt.
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