12. August 2002 - Hochwasser in Ostdeutschland

Stand: 12.08.2017, 00:00 Uhr

Die Jahrhundertflut, die sich im Sommer 2002 zwei Wochen lang über die Bundesrepublik Deutschland ergießt, trifft besonders den Osten des Landes. Es ist ein Gefühl von Weltuntergang. Harmlose Gewässer steigen immer weiter an. Erst staunen Anwohner, dass ein Bach zum reißenden Fluss werden kann. Dann der Moment, in dem das Erstaunen in Angst umschlägt.

Häuser sind einsturzgefährdet, weil das Grundwasser drückt. Statiker müssen die Sicherheit von tausenden Gebäuden überprüfen. Schlämme sind mit Öl und Diesel verseucht. Der Gestank ist so stark, dass Helfer teilweise Atemmasken tragen.

Hochwasser in Ostdeutschland (am 12.08.2002) WDR 2 Stichtag 12.08.2017 03:49 Min. Verfügbar bis 10.08.2027 WDR 2

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Heftigste Regenfälle seit Wetteraufzeichnung

Die Ursache dafür sind Ilse und ein bisschen auch Friedemann. Ilse ist ein Tief, das lang anhaltende Regenfälle verursacht. Friedemann ist ein Hoch, das das Tief von seiner Bahn nach Süden abdrängt. Im Süden erwärmen sich Luftmassen, nehmen viel Feuchtigkeit auf, überqueren die Alpen in Richtung Norden, stoßen dort auf Kaltluft und verursachen so Regen - viel Regen.

Meteorologen melden die heftigsten Regenfälle seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1896. Stark betroffen sind auch Süddeutschland, Österreich, Italien, Tschechien, Bulgarien, Rumänien und die russische Schwarzmeerküste.

Katastrophenalarm ausgelöst

Am 12. August 2002 spitzt sich die Lage in Ostdeutschland zu. Am Nachmittag kommt es zu schweren Überschwemmungen in Sachsen. Elbe, Weißeritz und Müglitz treten über die Ufer. Die Bevölkerung wird aufgerufen, höhere Gebiete aufzusuchen. An mehreren Orten wird Katastrophenalarm ausgelöst, auch in Dresden.

Am Tag darauf nimmt die Situation dramatische Ausmaße an. Die Elbe überschwemmt - bei einem Pegel von rund sieben Metern - weite Teile der Dresdner Altstadt, darunter die Semperoper, den Zwinger und den Landtag. Der Hauptbahnhof wird von der Weißeritz überschwemmt.

21 Tote und Milliarden Schäden

Die Bilanz des Hochwassers ist verheerend. Allein in Sachsen kommen 21 Menschen durch die Wassermassen um. An der Semperoper entsteht ein Schaden in Höhe von 27 Millionen Euro. In Sachsen fallen 32 Kläranlagen an der Elbe aus. Hunderte Kilometer Straßen und Eisenbahnstrecken sind teilweise zerstört. Die Deutsche Bahn beklagt einen Schaden von über einer Milliarde Euro.

Binnen Tagen werden Milliarden für den Wiederaufbau Ost mobilisiert. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) spricht von einer "nationalen Kraftanstrengung", die nun nötig sei. Um die gröbste Not rasch zu lindern, beschließt die Bundesregierung eine Sofort-Hilfspaket von 100 Millionen Euro.

Bodenversiegelung als Mitursache

Defizite beim Katastrophenschutz werden sichtbar. Ein Bericht bescheinigt beispielsweise der Sächsischen Landesregierung Führungsschwäche des Innenministeriums, mangelnde Koordination, fehlendes Warnsystem für die Bevölkerung und unzureichende Kommunikation.

Umweltschutzorganisationen weisen daraufhin, dass Hochwasser natürliche Phänomene seien. Tiere und Pflanzen in Flussauen hätten sich an den Wechsel zwischen Austrocknung und Überschwemmung gewöhnt. Der Mensch hingegen trage selbst dazu bei, dass die Folgen der Überschwemmungen größer als nötig seien - indem er die Flächen, die für eine Überflutung notwendig seien, durch Bauten versiegelt werden.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 12. August 2017 ebenfalls an das Hochwasser in Ostdeutschland. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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