Die Idee kommt aus Paris. Dort gibt es seit 1974 die "Librairie des femmes", eine Buchhandlung von und für Frauen. "Das wollen wir auch", denken sich die sechs Münchnerinnen Susanne Aeckerle, Ute Geissler, Sabine Holm, Gerlinde Kowitzke, Mara Kraus und Monika Neuser - und folgen dem Beispiel: Auf dem Höhepunkt der Frauenbewegung eröffnen sie am 3. November 1975 in Schwabing Lillemor’s Frauenbuchladen. Männer sind dort lange unerwünscht.
Inzwischen ist der Laden ein paar Straßen weitergezogen und eine echte Institution. Interessierte finden hier eine Riesenauswahl an feministischer Lektüre wie Sachbücher zu frauenspezifischen Themen und Werke von weiblichen Autoren.
Mehr als eine Buchhandlung
Doch Lillemor’s ist mehr als ein Geschäft, es ist ein Ort für viele Bedürfnisse: ein Treffpunkt für Frauen, die Kontakt oder Rat suchen - oder sich informieren wollen über Frauenpolitik und -kultur. "Alle Frauen, die ein bisschen politisch auf der Reihe waren, haben sich im Buchladen getroffen. Wir haben dort diskutiert. Er war ein sehr lebendiger Ort", erzählt Ursula Neubauer, seit über 40 Jahren im Team und heute eine der Geschäftsführerinnen.
Nicht zuletzt ist der erste deutsche Buchladen seiner Art die wirtschaftliche Basis für die dort arbeitenden Frauen. Reich werde hier keine, sagt Neubauer, aber es reiche zum Leben. Der Laden kostet die Gründerinnen aber nicht nur sehr viel privates Geld, sondern auch Nerven. Denn neben dem Verkauf von Büchern und der Veranstaltung von Lesungen und Diskussionsrunden leisten sie auch Sozialarbeit. Seinerzeit gibt es noch keine Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen; Frauen dürfen noch nicht ohne Weiteres arbeiten.
Inspiration für viele andere
Neubauer denkt noch immer mit Schrecken an diverse Dramen, die sich abgespielt haben: "Zusammenbrüche von Frauen, die Gewalt erlebt haben, deren Kinder missbraucht wurden, die kein Geld mehr haben, weil er sie verlassen und das Konto leergeräumt hat." Obwohl sie hin und wieder überfordert sind, ermutigen die Gründerinnen Frauen in anderen Städten, es ihnen gleichzutun. So entstehen von Berlin über Tübingen und von Köln bis Hamburg überall in der Bundesrepublik Frauenbuchläden.
Nicht alle können sich halten - Lillemor’s Frauenbuchladen aber gibt es bis heute. Er erhält sogar mehrere Auszeichnungen, darunter den Deutschen Buchhandlungspreis. Einen Riesenspaß mache die Arbeit immer noch, und die Nachfrage nach feministischer Literatur sei zurzeit groß, sagt Neubauer. Die Me-Too-Debatte über sexuelle Belästigungen von Frauen habe sehr viel angestoßen.
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