In der Nacht zum 5. Mai 1842 gegen ein Uhr bemerkt ein Hamburger Nachtwächter, dass ein Speicher brennt. Von dort frisst sich das Feuer durch die gesamte Stadtmitte. Erst die Alster stoppt die Flammen. Nur ein Jahr später brennt in Berlin die Staatsoper bis auf den Grund ab. Während der Trümmerhaufen sechs Wochen lang schwelt, wird den Verantwortlichen klar, dass etwas geschehen muss, damit die preußische Stadt vor einer Brandkatastrophe wie in Hamburg verschont bleibt.
Zwar gibt es im 19. Jahrhundert schon in einigen Städten Rettungs- und Löschgemeinschaften. Hier kauft die Verwaltung Leitern und Löschgerät, hält das Material in Schuss und hofft im Brandfall auf die Unterstützung der Bürger. Deren Wehrkraft ist aber begrenzt, wie sich in Hamburg und Berlin gezeigt hat. Die Lösung in Berlin: Weg von der Freiwilligkeit oder der Selbstverpflichtung der Bürger, hin zu einer Berufsfeuerwehr nach militärischem Vorbild. "Dazu gehört eben eingehendes Üben oder auch wie man früher sagte, drillen", erklärt der Berliner Feuerwehrhistoriker Günter Strumpf.
Zunächst will keiner bezahlen
Eine gut ausgebildete Mannschaft, die jederzeit zur Bekämpfung von Bränden in Berlin bereitsteht. Der Gedanke gefällt dem preußischen Staat, nur die Kosten will niemand übernehmen. Jahrelang gehen Pläne und Entwürfe hin und her, bis Carl von Hinckeldey Polizeipräsident Berlins wird. Er setzt über alle Gremien hinweg einen Etat fest und marschiert zum preußischen Innenminister Ferdinand von Westphalen. Der entscheidet sich für die Feuerwehr und so muss die Gemeinde die Pläne umsetzen.
Am 16. Januar 1851 wird der Beschluss über die Errichtung der Berufsfeuerwehr gefasst. Schon 14 Tage später werden ein Brandinspektor, vier Brandmeister, über 200 Feuermänner und 360 Spritzenmänner eingestellt. Einstellungsvoraussetzung sind ein unbescholtener Leumund und der Nachweis, dass man beim Heer gedient hat und somit an militärischer Disziplin gewöhnt ist. Ludwig Scabell, der sich zuvor als Bauinspektor einen Namen gemacht hat, wird erster Chef der neuen Berufsfeuerwehr. Sein Leitspruch: "Gebrochen ist des Feuers Macht, seitdem Scabell darüber wacht."
Alles auf Räder gestellt
Der Feuerwehrchef darf den schönen Titel Oberspritzenkommissarius tragen. Er hat sich über Jahre weltweit informiert, analysiert und Schlüsse daraus gezogen. Dazu zählt, dass er erstmals das Personal zur Brandbekämpfung ausbildet. "Dann hat er alles auf Räder gesetzt, was bei Feuer gebraucht wird", erklärt Historiker Strumpf. Spritzen, Wassertonnen, Personal: Alles soll im Brandfall schnell vor Ort sein. So können Feuer bereits im Entstehen bekämpft werden.
Neu für Preußen sind auch Hakenleitern: Damit steigen die Feuerwehrmänner außen an den Gebäuden hoch, wenn die Treppenhäuser verraucht und nicht begehbar sind. Scabell sorgt zudem dafür, dass die Wasserversorgung für Notfälle ausgebaut und ein telegrafisches Meldesystem implementiert wird. Das Berliner Modell findet schnell Nachahmer, heute hat jede größere Stadt eine eigene Berufsfeuerwehr. Die Berliner hat seit ihrer Gründung unzählige Feuer bekämpft. Zu dem wohl folgenreichsten gelöschten Brand in der deutschen Geschichte geht am 27. Februar 1933 um 21.13 Uhr die erste Meldung ein: Der Reichstag brennt.
Stand: 16.01.2016
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.